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Streit um die Lufthoheit

ATALANTA SPD und Grüne wollen Piraterie vor Somalia nur auf See bekämpfen. De Maizière: Kleine, nützliche Option

29.04.2013
2023-08-30T12:23:58.7200Z
4 Min

Für Außenminister Guido Westerwelle (FDP) ist die Sache ganz klar: Gab es vor einem Jahr bei der Opposition noch Bedenken hinsichtlich der "Anpassung" des Atalanta-Mandats der Bundeswehr für den Einsatz vor der Küste Somalias, dürften sich diese inzwischen zerstreut haben. Die Mission sei erfolgreich, Kampfhandlungen an Land habe es trotz der Ausweitung des Einsatzgebietes - bis auf einen einzigen Fall - nicht gegeben. Einer Zustimmung der Opposition dürfe eigentlich nichts mehr im Weg stehen, sagte der Minister bei der Einbringung des Antrages der Bundesregierung (17/13111) auf Fortführung des Einsatzes - inklusive der im vergangenen Jahr schon beschlossenen Erweiterung. Danach umfasst das Einsatzgebiet nicht mehr nur die somalischen Küstengebiete und inneren Küstengewässer sowie die Meeresgebiete vor der Küste Somalias, sondern auch den Luftraum darüber. Zudem dürfen deutsche Einsatzkräfte bis zu einer Tiefe von maximal zwei Kilometern aus der Luft gegen die Ausrüstung der Piraten am Strand vorgehen.

Risiken

Und genau da liegt nach wie vor das Problem aus Sicht der SPD, wie Karin Evers-Meyer deutlich machte. Zwar teilte sie den von Westerwelle vermittelten Eindruck, dass die Mission erfolgreich sei. Ihre Fraktion sei daher auch für eine Fortsetzung, "aber eben nur auf See", wie die SPD-Abgeordnete betonte. "Einer Ausweitung des Einsatzes auf das Staatsgebiet und den Luftraum Somalias werden wir auch diesmal nicht zustimmen", kündigte sie an. Es gebe Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Erweiterung des Mandates auch bei der Bundeswehr selbst, sagte die SPD-Abgeordnete und sprach von einem unnötigen Risiko für die Soldaten. Atalanta, so Evers-Meyer, sei auch ohne die Ausdehnung auf die Küste erfolgreich.

Ein bisschen dick aufgetragen sei dies, fand Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), der in Anlehnung an Konrad Ade-nauer in Richtung SPD fragte: "Geht's nicht 'ne Nummer kleiner?" Die Mandatsausweitung sei doch ein Wunsch der Soldaten gewesen, sagte de Maizière. Außerdem hätten sämtliche EU-Staaten dafür gestimmt. Im Übrigen könne von einer quantitativen Änderung des Mandats keine Rede sein. "Es ist eine kleine, zusätzliche und nützliche Option", sagte der Minister. Allein mit dem erwähnten einzigen Einsatz seit der Mandatsausweitung habe man schon eine abschreckende Wirkung erzielt, urteilte de Maiziere und fand in dieser Sicht Unterstützung beim außenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder (CDU). "Wir sind davon überzeugt, dass das defensive Verhalten der Piraten mit der Ausweitung des Mandats zu tun hat", betonte dieser.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion sah das anders: Es seien wohl eher die Sicherheitsmaßnahmen, die Reeder auf ihren Schiffen getroffen haben und die nun Piraten abschrecken würden, sagte Rainer Arnold. Angesichts eines einzigen Einsatzes, bei dem "drei kleine Boote und eine Handvoll Außenborder zerstört wurden", müsse man sich fragen, ob eine Mandatierung gerechtfertigt sei. Arnolds Antwort war eindeutig: "Dafür sind unsere Mandate zu ernsthaft."

Warum nun die Piratenangriffe zurückgegangen sind, wusste auch Kathrin Vogler (Die Linke) nicht zu beantworten. Genau deshalb aber brauche es eine Evaluation des Einsatzes durch unabhängige Wissenschaftler, forderte sie. Vogler kündigte schon mal ein klares Nein zu dem Antrag der Bundesregierung an. "Wir waren von Anfang an dagegen, und dabei wird es auch bleiben", sagte sie. Statt des Militäreinsatzes brauche Somalia eine politische Lösung, bei der nicht nur auf eine der Bürgerkriegsparteien gesetzt werde, machte Vogler deutlich.

Die Grünen hätten bis zum vergangenen Jahr dem Einsatz zugestimmt, erinnerte deren Fraktionsvize Frithjof Schmidt. Bis es diese "gravierende Änderung" im Mandat gegeben habe. Als von der Bundesregierung zu hören gewesen sei, dies sei notwendig, um die Piraten zu bekämpfen, sei auch ihm die Formulierung "Haben Sie es nicht 'ne Nummer kleiner?" in den Sinn gekommen. Nach Ansicht Schmidts überzeugt auch das Argument, es sei ja nur ein einziger Einsatz gelaufen, bei dem es auch keine Opfer gegeben habe, nicht. "Das widerspricht ja eher der Auffassung, die Mandatserweiterung sei für eine erfolgreiche Bekämpfung der Piraten unbedingt nötig", sagte er und kündigte die Enthaltung seiner Fraktion an.

Damit konnte CDU-Mann Mißfelder nun gar nichts anfangen. "Da finde ich es ja fast schon konsequenter, wie die Linksfraktion sich verhält, die sich wie bei allen Mandaten verantwortungslos zeigt und sich in ideologische Widersprüche verheddert", sagte er. Auch die Sozialdemokraten waren Ziel seiner Kritik. Die erhobene Forderung, über die Mandatsverlängerung und die Erweiterung getrennt abzustimmen, sei der anstehenden Bundestagswahl geschuldet. "Das ist ganz offensichtlich", befand Mißfelder. "Sie verabschieden sich aus einem Mandat, welches wir gemeinsam erfolgreich auf den Weg gebracht haben."