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Immer schön langsam

VERKEHR Fraktionen haben unterschiedliche Auffassungen zur Unfallreduzierung auf Autobahnen

21.05.2013
2023-08-30T12:23:59.7200Z
3 Min

Deutliche Absage an ein generelles Tempolimit von CDU/CSU und FDP. Klares Ja von Bündnis 90/Die Grünen nebst der Fraktion Die Linke. Und die SPD-Fraktion bekräftigte bei einer Aktuellen Stunde im Bundestag in der letzten Woche die Aussage von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück: Da, wo es aus Sicherheitsgründen sinnvoll sei, trete er für eine Begrenzung der Geschwindigkeit ein - allerdings sei er gegen ein generelles Limit. Dies strich Johannes Kahrs in der Debatte heraus. Dass es in einer großen Volkspartei unterschiedliche Meinungen gebe, sei doch "ganz in Ordnung".

Koalition wundert sich

Er hob damit auf eine Äußerung von SPD-Chef Sigmar Gabriel ab, der sich für das Höchsttempo 120 überall auf Autobahnen eingesetzt hatte. Die Koalition hatte deshalb die Aktuelle Stunde beantragt - "verwundert" über unterschiedliche Feststellungen "innerhalb eines Tages", so Gero Storjohann (CDU). Er verwies darauf, dass die SPD auf ihrem Parteitag 2007 einen Tempo-130-Antrag beschlossen habe, seitdem aber im Parlament nicht aktiv geworden sei. Und drängte auf Auskunft, "was die SPD wirklich will".

Die Union setze auf Geschwindigkeitsbeschränkungen, "wo es Sinn macht". Schon jetzt gebe es auf 40 Prozent der Autobahnen unterschiedliche Tempo-Einschränkungen - Baustellen etwa oder Gefahrenstellen. Ein wichtiger Bereich zur Verringerung der Unfallzahlen müsse neben dem Umbau von Unfallschwerpunkten nicht zuletzt eine "intelligente Fahrzeugtechnik" sein.

Im Übrigen zielten die von der Koalition betriebenen Änderungen bei der Flensburger Verkehrssünderkartei ja ausdrücklich darauf, die Bedrohung der Verkehrssicherheit durch rücksichtsloses Fahrverhalten zu ahnden.

Für die SPD warf Florian Pronold mit dem Verweis auf zwei Bücher einen Blick zurück auf den Smogsommer 1995. Damals habe Angela Merkel (CDU) als Umweltministerin für ein Tempolimit gekämpft, sei aber im Kabinett von Helmut Kohl gebremst worden. Darüber sei sie, so habe er gelesen, "in Tränen ausgebrochen". Wegen ihrer Forderung habe sie sich aus der CSU die Titulierung "Vaterlandsverräterin" anhören müssen.

Zudem, so Pronold, würde er auch gerne mal über den Gegensatz zwischen Kanzlerin und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) über die Einführung einer Pkw-Maut reden. Dem warf er vor, als "Schlaglochminister" die Gefahr heraufzubeschwören, dass es "de facto" zu einem generellen Tempolimit kommen werde.

Oliver Luksic (FDP) sah in der Gabriel-Äußerung ein "Signal" für eine "Bevormundungspolitik". Und fragte: "Wer spricht eigentlich für die SPD?" Gabriel habe jedenfalls "den Kanzlerkandidaten auf 180 gebracht". Beide bremsten sich beim Tempo-Thema selber aus: "Das ist keine seriöse Politik." Für ihn steht fest: "Wir brauchen kein starres Limit auf Autobahnen." Zwischen Tempo-Obergrenze und Sicherheit bestehe "kein Zusammenhang". Die Unfallzahlen zeigten ohnehin, dass die Verkehrssituation "vor allem auf den Landstraßen" verbessert werde müssen.

Luksic meinte, Rot-Grün wolle - unabhängig von der Autobahn-Diskussion - auch in allen geschlossen Ortschaften Tempo 30 einführen. Und die Begrenzung auf Autobahnen strebe die SPD "eigentlich" auch an. Schließlich sei das deren Beschlusslage.

Herbert Behrens (Die Linke) befand, die Tempo-Frage "gehört auch in den Wahlkampf". Die Gabriel-Äußerung sei "eine Steilvorlage für die Koalition". Er wolle indes nicht zulassen, dass das Thema nach der Debatte wieder in der Versenkung verschwindet.

Die Zahl der Opfer zwinge dazu, jeden Vorschlag aufzugreifen, der "endlich mehr Verkehrssicherheit" bringe. Kein Tempolimit, das sei ein "verkehrspolitisches Relikt". Er zählte auf: 42 Prozent aller schweren Unfalle auf Autobahnen seien Geschwindigkeitsunfälle. Eine Tempobegrenzung führe zu einem flüssigeren Verkehrsfluss, mindere die Lärmbelästigung und sei ein Beitrag zum Umweltschutz. Behrens hielt SPD und Grünen vor, das Thema nicht auf die Tagesordnung im Bundestag gebracht zu haben.

"Keiner kommt um, alle kommen an." Dieser Schlagsatz stand über der Rede von Stephan Kühn von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er unterstrich: "Alle Fakten sprechen für ein Tempolimit." Er lenkte den Blick darauf, dass es "an vielen Stellen Stau" auf den Strecken gebe. Kühn setzte sich mit dem Vorwurf auseinander, Autobahnbau sei wegen der Krötentunnel und Wildbrücken so teuer. In Wahrheit führten die wegen der hohen Geschwindigkeiten nötigen hohen Standards zu den großen Ausgaben. Auch könne das Aggressionspotenzial durch ein Limit reduziert werden. Auf einer Autobahnstück bei Berlin habe die Einführung von Tempo 130 zur einer deutlichen Absenkung der Unfallzahlen geführt.