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Großbanken unter EZB-Kontrolle

Finanzen Institute müssen besonders risikoreiche Geschäftsbereiche abtrennen

21.05.2013
2023-08-30T12:24:00.7200Z
4 Min

Bisher national wahrgenommene Aufgaben der Bankenaufsicht sollen in Zukunft von der Europäischen Zentralbank (EZB) übernommen werden. Der Bundestag überwies am Freitag einen von Union und FDP gemeinsam eingebrachten Gesetzentwurf zur Aufsicht über Kreditinstitute durch die Europäische Zentralbank (17/13470) an die zuständigen Ausschüsse. Außerdem wird in Deutschland das sogenannte Trennbankensystem eingeführt, das Banken ab einer gewissen Größe zwingt, risikoreiche Teile ihres Geschäftsbetriebs auszugliedern.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Hartmut Koschyk (CSU), sagte, mit einer europäischen Aufsicht solle "das Vertrauen in unsere europäische Währung und in ein stabiles Bankensystem in Europa gefestigt werden". Deutschland habe sich für eine klare Aufteilung der Aufgaben und für die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips eingesetzt. "Wir konnten uns durchsetzen", stellte Koschyk zufrieden fest. Auch der CDU/CSU-Finanzexperte Peter Aumer sagte: "Wir geben den Finanzmärkten den Regulierungsrahmen, den sie brauchen."

Manfred Zöllmer (SPD-Fraktion) erklärte dagegen, Geldpolitik und Aufsicht könnten nicht getrennt werden, auch wenn Koschyk dies behaupte. Er fragte: "Wie soll eine EZB eine Bank beaufsichtigen, wenn sie gleichzeitig Geschäftspartner und Gläubiger ist?" Zöllmer verlangte, die EZB-Aufsicht zeitlich zu begrenzen und eine unabhängige Aufsicht einzurichten. Zum Trennbanken-Gesetz sagte Zöllmer, hier werde nichts getrennt, sondern ein "Placebo-Gesetz" beschlossen. Die Rettung der nächsten Pleitebank müsse wieder vom Steuerzahler bezahlt werden.

"Einfache Botschaften"

Volker Wissing (FDP) entgegnete auf die Kritik der Sozialdemokaten, nicht Universalbanken, sondern Spezialbanken hätten die Krise ausgelöst. Die Opposition verbreite wahrheitswidrig die einfache Botschaft, die Universalbanken seien das Problem und Trennbanken die Lösung. Gleichwohl müsse man etwas tun, weil die Komplexität einer Bank zu einem Problem führen könne. "Wir vervollständigen Schritt für Schritt unser Werk einer guten Finanzmarktregulierung für Europa", stellte Wissing fest.

Axel Troost (Fraktion Die Linke) verlangte, die Banken nicht länger mit Samthandschuhen anzufassen. Es drohe ein Verlust der in Deutschland sehr erfolgreichen Allfinanzaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), warnte er. Jetzt würden aber gerade die besonders riskanten systemrelevanten Banken aus der deutschen Bankenaufsicht herausgenommen und in die EZB hineingegeben. "Das ist aus unserer Sicht kontraproduktiv und wird die Aufsicht eher verschlechtern und nicht verbessern." Zum Trennbanken-Gesetz erklärte Troost, die "Zocker-Banking-Teile" würden in der gemeinsamen Banken-Holding bleiben. Die Verbindung zwischen den Bankteilen bleibe also erhalten.

Genauso kritisch befasste sich Gerhard Schick (Grüne) mit dem Trennbankensystem. Es komme nicht zu einer wirklichen Trennung der Aktivitäten. Mit dem Gesetz seien die Banken und die Bundesregierung zufrieden. Die Banken seien zufrieden, weil sich für sie nichts ändere, und die Bundesregierung, weil sie den Eindruck erwecke, es würde sich etwas ändern. In der Frage der europäischen Bankenaufsicht warf Schick der Regierung vor, zu spät zu kommen. Wenn es die Bankenaufsicht schon gegeben hätte, hätte in Spanien und Zypern bereits durchgegriffen werden können.

Aufsicht für bedeutende Banken

Der Gesetzentwurf zur Bankenaufsicht soll die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der deutsche Vertreter im Europäischen Rat zum Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (SSM-Verordnung) in der Fassung vom 16. April 2013 (Ratsdokument 7776/1/13 REV 1) seine förmliche Zustimmung erteilen darf. Dem neuen einheitlichen Aufsichtsmechanismus werden automatisch sämtliche Eurozonen-Mitgliedsländer angehören. Nicht-Eurozonen-Mitgliedstaaten können freiwillig teilnehmen.

Wie die Fraktionen in der Begründung des Gesetzentwurfs erläutern, konzentriert sich die direkte EZB-Aufsicht auf "bedeutende" Kreditinstitute der teilnehmenden Länder. Kreditinstitute oder Konzerne mit einer Bilanzsumme über 30 Milliarden Euro oder mehr als 20 Prozent des Bruttoninlandsprodukts eines Mitgliedslandes gelten grundsätzlich als bedeutend. "Unabhängig von diesen Kriterien beaufsichtigt die EZB mindestens die drei bedeutendsten Kreditinstitute eines jeden teilnehmenden Mitgliedstaats direkt", schreiben die Fraktionen. Außerdem soll die EZB jene Kreditinstitute beaufsichtigen, die vom Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) oder der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) direkte Unterstützung beantragt oder erhalten hätten.

Die direkte Aufsicht über die übrigen Kreditinstitute soll weiter durch die nationalen Bankenaufsichtsbehörden erfolgen. "Die EZB kann nationalen Bankenaufsichtsbehörden in deren Zuständigkeitsbereich nur allgemeine Weisungen erteilen und verfügt zur Sicherstellung der einheitlichen Anwendung hoher Aufsichtsstandards über ein Selbsteintrittsrecht, durch das sie die direkte Aufsicht über einzelne Kreditinstitute an sich ziehen kann", schreiben die Fraktionen.

Trennbankensystem

Zugestimmt hat der Bundestag der Einführung des sogenannten Trennbankensystems und neuer Pflichten für der Geldhäuser, die Vorkehrungen für ihre eigene Abwicklung treffen müssen. Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen (17/12601, 17/13035, 17/13532, 17/13539) wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP angenommen, die Oppositionsfraktionen stimmten dagegen. Mit dem Gesetz sollen systemrelevante Geldhäuser verpflichtet werden, den spekulativen Handel in rechtlich selbstständige Einheiten auszulagern. Zudem sollen die Strafen für Banker bei Verletzung von wesentlichen Risikomanagementpflichten verschärft werden. So drohen künftig bei Missmanagement bis zu fünf Jahre Haft.

Abgelehnt wurde ein Antrag der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen (17/12687, 17/13476) mit dem Titel "Ein neuer Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte: Erpressungspotenzial verringern - Geschäfts- und Investmentbanking trennen".