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Petitionen Mehr als 15.000 Eingaben erreichten den Bundestag 2012. Streit um deren Beratung im Plenum

17.06.2013
2023-08-30T12:24:01.7200Z
3 Min

Ob es sich nun um ganz persönliche Sorgen rund um die Rentenansprüche handelt oder um gesellschaftlich hochrelevante Themen wie Datenschutz oder Netzneutralität: Der Petitionsausschuss des Bundestages wird von immer mehr Menschen genutzt, um auf Probleme aufmerksam zu machen und Lösungen einzufordern. Darauf lässt zumindest der Anstieg der Petitionen im Jahr 2012 schließen. Insgesamt 15.724 Eingaben - und damit 533 mehr als im Vorjahr - wurden an den Ausschuss gerichtet.

Diese Zahlen nannte die Ausschussvorsitzende Kersten Steinke (Die Linke) vergangene Woche während der Plenardebatte zum Jahresbericht des Petitionsausschusses (17/13660). 43 Prozent der Eingaben seien elektronisch an den Ausschuss übermittelt worden. "Der Trend, dass immer mehr Bürger das Internet für ihre Eingaben nutzen, nimmt weiter zu", sagte Steinke. Ähnlich imposant sei die Zahl von 1,4 Millionen Menschen, die sich auf der Internetseite des Bundestags-Petitionsausschusses angemeldet hätten, um eine Petition einzureichen, mitzuzeichnen oder mitzudiskutieren. Dies mache deutlich: "Der Ausschuss hat einen hohen Stellenwert."

Eine Einschätzung, der sich auch Paul Lehrieder (CSU) anschloss. "Der Ausschuss bildet ein direktes, plebiszitäres Element in Ergänzung zu unserer parlamentarischen Demokratie." In keinem Gremium des Bundestages habe man einen derart direkten Kontakt mit den Bürgern, sagte Lehrieder. Sein Fraktionskollege Günter Baumann verwies auf das "wichtige Instrument" der Berichterstattergespräche. 28 Mal habe der Ausschuss im vergangenen Jahr solche Gespräche mit der Arbeitsebene eines Ministeriums geführt. "Das hat zumeist einen Erfolg gebracht", betonte er.

Dass wie schon in den vergangenen Jahren die meisten Eingaben - im Verhältnis zur Einwohnerzahl - aus den neuen Bundesländern stammen, habe nichts damit zu tun, "dass die Ossis am meisten meckern". Vielmehr sei es so, dass vieles im Einigungsvertrag nicht ausreichend geregelt worden sei. In der überwiegenden Zahl der Fälle gehe es um Fragen der Rente, angesichts der noch immer nicht stattgefundenen Rentenangleichung.

Aus Sicht des SPD-Abgeordneten Klaus Hagemann ist das Petitionsrecht eine "Perle in den Kronjuwelen des Bundestages". Bedauerlich fand er jedoch, dass es nicht zu der im Koalitionsvertrag von Union und FDP angekündigten Weiterentwicklung des Petitionswesens gekommen sei. Dort sei die Rede davon gewesen, dass Petitionen auch im Plenum des Bundestages behandelt werden sollten. "Das hätten wir gerne unterstützt", sagte der SPD-Abgeordnete.

Hagen Reinhold (FDP) räumte ein, dass seine Fraktion mit dem Begehren nach einem "Bürgerplenarverfahren" in den vergangenen vier Jahren nicht weitergekommen sei. "Ich bin aber ganz optimistisch, dass das in der nächsten Legislaturperiode passiert", sagte er. Sein Fraktionskollege Peter Röhlinger rief dazu auf, die Bürger über das Petitionswesen besser zu informieren. So müsse es bekannter werden, dass der Petitionsausschuss nicht nur deutschen Staatsbürgern offen steht. "Alle die hier leben haben ein Mitspracherecht", sagte der FDP-Abgeordnete.

"Jede Petition ernst nehmen"

Für die Petenten stelle der Ausschuss oft den letzten Weg dar, wenn es darum geht, auf ein aus ihrer Sicht vorhandenes Unrecht aufmerksam zu machen, sagte Memet Kilic (Bündnis 90/Die Grünen). "Daher müssen wir jede einzelne Petition ernst nehmen und ihr eine angemessene Bearbeitung zukommen lassen", betonte er. Gleichzeitig sei der Petitionsausschuss oft nah an gesellschaftlichen Entwicklungen. Das zeigten die Petitionen zum Acta-Abkommen ebenso wie zum Atomausstieg oder den Internetsperren. Ein aktueller Fall sei die von einem 19-Jährigen eingereichte Petition zur Netzneutralität, die Ende Mai innerhalb von drei Tagen das benötigte Quorum von 50.000 Mitzeichnern erreicht habe und nun noch am 24. Juni öffentlich beraten werde, sagte Kilic. Dieses Beispiel zeige, dass es nicht einer großen Organisation bedürfe, um mit einem Anliegen durchzudringen, ergänzte Stefan Schwartze (SPD). "Das schafft auch der Einzelne", sagte er. Dennoch sprach er sich für eine Senkung des Quorums und eine Verlängerung der Mitzeichnungsfrist aus. "So können wir noch mehr Menschen erreichen", zeigte sich Schwartze optimistisch.

Kritik an der Union übte Ingrid Remmers (Die Linke). CDU und CSU stellten sich als Einzige gegen die Möglichkeit, Petitionen im Plenum des Bundestags zu behandeln. Damit verstoße die Union nicht nur gegen den eigenen Koalitionsvertrag. CDU und CSU zeigten auch, "dass sie wenig von der direkten Bürgerbeteiligung halten" sagte Remmers. Stattdessen wollte die Union offenbar weiterhin "im Hinterzimmer Absprachen über Petitionen treffen".