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Der Landwirt: Rainer Erdel

05.08.2013
2023-08-30T12:24:03.7200Z
3 Min

Von der Wiege bis zur Bahre lernen. Das ist Leitspruch für den FDP-Bundestagsabgeordneten Rainer Erdel. 2009 wurde der selbstständige Landwirt aus dem mittelfränkischen Dietenhofen bei Ansbach durch das FDP-Traumergebnis von 14,6 Prozent in den Bundestag katapultiert. Auf Platz 14 der bayerischen Landesliste konnte er sich vor der Wahl nur mäßige Chancen ausrechnen, das begehrte Mandat zu bekommen. "Gegen 4 Uhr Montag früh nach dem Wahlsonntag bekam ich den Anruf, dass ich im Bundestag bin", sagt Erdel. "Um 6 Uhr war ich im Auto und um 12 Uhr im Reichstag bei der ersten Fraktionssitzung."

Für den Landwirt, der bisher nur die Kommunalpolitik kannte, war es der Start in ein neues Leben. Erdel ist dankbar, zu den wenigen Menschen zu gehören, die Politik in Deutschland mitgestalten können: "Ich habe die Demut vor den Aufgaben und Herausforderungen eines Bundestagsmandats nicht verloren." Er sitzt im Agrar- und Verteidigungsausschuss - seinen beiden "Wunschausschüssen". Dort kann er an sein bisheriges Leben anknüpfen. Neben der Landwirtschaft ist für Erdel auch die Bundeswehr Herzenssache. Als früherer Zeitsoldat und Reserve-Oberst sitzt er auch gerne im Verteidigungsausschuss. Erdel ist Vize-Präsident des Reservistenverbands.

In seiner Bilanz nach vier Jahren Bundestag bekennt Erdel, "falsch eingeschätzt zu haben, wie der Arbeitsaufwand und die Abläufe im Bundestag in der Realität sind". Während es in der Kommunalpolitik zielorientierter zugehe, spielten im Bundestag die Fraktions-Positionierungen und verbalen Auseinandersetzungen eine größere Rolle, sagt der 58-Jährige. Erdel ist einer von nur einem Dutzend Landwirten im Bundestag. Er ist stolz, wenn in dem vom Öffentlichen Dienst, Freiberuflern und Verbandsvertretern dominierten Parlament Kollegen zu komplexen Agrarthemen zu ihm sagen: "Da kenne ich mich nicht aus und verlasse mich auf Deine Fachkenntnisse."

Zur umstrittenen Energiewende der schwarz-gelben Koalition, die bei den Liberalen immer noch manches Murren auslöst, steht Erdel. Kein Wunder, gilt er doch in der Heimat als Biomasse-Pionier, seit er 1994 mit einigen Kollegen das erste Biomasseheizwerk in Mittelfranken gründete. Heute ist das Kraftwerk Teil der Energiewende. Bei der Debatte über steigende Strompreise verweist er darauf, dass diese auch früher mit Atomkraft gestiegen seien. Gleichwohl müsse die nächste Bundesregierung das umstrittene Erneuerbare Energien Gesetz mit seinem Förder-Wildwuchs endlich reformieren.

Umstritten ist an der Parteibasis auch die Euro-Rettungspolitik. Bisher hat Erdel im Bundestag den Milliarden-Paketen stets zugestimmt, auch wenn er einräumt, wegen Griechenland "schlaflose Nächte gehabt zu haben". Es komme jetzt darauf an, die Fehler bei der Euro-Einführung durch Maßnahmen wie den Fiskalpakt oder ein Überwachungsregime wie die Troika zu revidieren. Erdel achtet aber auch Fraktionskollegen wie Frank Schäffler, die die Euro-Hilfen ablehnen. "Das Parlament lebt von der Vielfalt der Meinungen."

Erdels Weg in den Bundestag hat mit den Anstrengungen der Bayern-FDP zu tun, bei den CSU-geneigten Landwirten mehr Gehör zu finden. "Landwirtschaft hat viel mit Nachhaltigkeit, Eigentum und Unternehmertum zu tun", sagt Erdel. Da sei die FDP die richtige Partei und zeigt auf ein Plakat der Liberalen von 1946 in seinem Büro, wonach die "Erhaltung und Förderung eines freien Bauernstandes Grundlage für die Ernährung des deutschen Volkes ist". Erdel ist seit 1984 Gemeinderat einer Wählergruppe in Dietenhofen und derzeit Vize-Bürgermeister. FDP-Vertreter hatten ihn 2008 angesprochen, für den Kreis- und Landtag anzutreten - ohne Mandatserfolg - und 2009 für den Bundestag. 2008 trat Erdel in die FDP ein.

In den Bundestag konnte der gelernte Landwirtschaftsmeister und verheiratete Vater dreier Kinder nur gehen, weil sein damals 23 Jahre alter Sohn bereit war, den 100 Hektar großen Hof mit Milchkühen, Anbau von Agrarprodukten, Fischweihern und Forstwirtschaft zu übernehmen. Die Rückkehr an den Hof wäre auch die Option für Rainer Erdel, wenn es mit dem Mandat im Herbst nicht klappt. Der eher unauffällige, aber fleißige Abgeordnete bekam immerhin Platz 7 der Landesliste für die Bundestagswahl - und käme so bei einem "mittelprächtigen" FDP-Ergebnis ins Parlament. Für Hobbys bleibt Erdel angesichts des Stresses auf dem Bauernhof und im Bundestag nicht viel Zeit, "nur ein bisschen Skifahren".