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Aus dem Dunkel ans Licht

LOBBYISMUS Opposition und Interessenvertretungen fordern größere Transparenz der politischen Arbeit. Pläne für ein neues Register sind gescheitert

05.08.2013
2023-08-30T12:24:03.7200Z
4 Min

Sie wirken meist im Verborgenen, treffen sich in dunklen Hinterzimmern und haben dicke Geldkoffer dabei, mit denen Entscheidungsträger geschmiert werden. Wer sich so die Arbeit der Lobbyisten im politischen Berlin vorstellt, liegt falsch. "Das ist eine mittelalterliche Vorstellung", wehrt sich Wolfgang Niedermark, Lobbyist des Chemieunternehmens BASF. "Wir möchten vielmehr, dass unsere Argumente der Öffentlichkeit bekannt sind." Entscheidend sei für ihn Transparenz: "Daran haben wir ein großes Interesse", sagt er. Nicht zuletzt auch, weil man nur so zu einer Entmystifizierung des Lobbyismus kommen könne. Allerdings wünscht er sich: "Diese Transparenz muss für alle gelten. Für Unternehmen ebenso wie für Nicht-Regierungsorganisationen, aber auch für Kirchen und Gewerkschaften."

Mehr Transparenz

Bei seiner Forderung nach mehr Transparenz ist sich Niedermark mit LobbyControl, einem Verein, der sich die Aufklärung von Macht- und Einflussstrukturen in Deutschland und der EU auf seine Fahnen geschrieben hat, in vielem durchaus einig. In ihrem unlängst vorgelegten Lobbyreport 2013 stellt die Initiative Union und FDP etwa bei den Themen Lobbytransparenz, Nebeneinkünften oder der vertraglichen Ächtung von Abgeordnetenkorruption ein schlechtes Zeugnis aus. Niedermark weist aber darauf hin: "Auch bei LobbyControl hält man Lobbying für einen wesentlichen Teil der Meinungsbildung, der aber Regeln benötigt", sagt der BASF-Vertreter. "Bedauerlich" findet er jedoch deren Hang zur Skandalisierung. Es werde der Eindruck erweckt, "ein Großteil der Interessenvertretungen sei unlauter". Das Gegenteil sei der Fall: "99 Prozent der Aktivitäten sind in Ordnung", schätzt Niedermark. Den Vorwurf der Skandalisierung weist Ulrich Müller, geschäftsführender Vorstand bei LobbyControl, zurück. "Wir wollen nicht nur manipulative Methoden kritisieren sondern auch die Ungleichgewichte und Probleme des alltäglichen Lobbyismus", sagt er und fügt hinzu: "Um die Demokratie zu sichern müsste die Politik dem entgegenwirken, was aber derzeit leider nicht passiert."

Einig sind sich der Industrie-Lobbyist und der LobbyControl-Vertreter in der Einschätzung, dass ein von der Opposition gefordertes verbindliches Lobbyistenregister einen Beitrag zu mehr Transparenz leisten könnte. "Die Einführung eines solchen Registers und der vereinfachte Zugang zu den darin enthaltenen Informationen wären in unserem Interesse", stellt BASF-Mann Niedermark klar. In der ablaufenden Wahlperiode scheiterten verschiedene Initiativen der Opposition, ein über das beim Bundestag bereits bestehende Register hinaus gehendes Lobbyregister einzuführen, an der schwarz-gelben Mehrheit. In den Vorlagen von SPD (17/6442), Linken (17/2096) und Grünen (17/2486) hatten die Fraktionen die Verbindlichkeit eines solchen Registers betont. Nach den Vorstellungen der SPD sollte darin genauer definiert werden, was unter Interessenvertretung zu verstehen ist und ein entsprechender Verhaltenskodex formuliert werden. Ähnlich sahen das die Grünen, nach deren Ansicht jedoch Lobbyisten, deren Lobbytätigkeit einen bestimmten zeitlichen und finanziellen Aufwand nicht übersteigt, nicht registrierungspflichtig sein sollen. Die Leitung des Registers und die Durchsetzung von Sanktionsmöglichkeiten solle eine überparteiliche Stelle im Bundestag übernehmen, forderte die Linksfraktion. Eine weitere Initiative der SPD (17/5230) aus der zu Ende gehenden Wahlperiode thematisiert den Einsatz von "externen Beschäftigten in Ministerien". Ein Thema, das auch für BASF relevant ist. Zwar gebe es derzeit keine eigenen Mitarbeiter, die sich im "Personalaustausch mit öffentlicher Verwaltung" befänden. In der Vergangenheit war es aber in der Tat so, dass BASF-Leute teils über sehr lange Zeiträume ihren Bürotisch in Ministerien hatten. Grundsätzlich sieht der Unternehmens-Vertreter Niedermark darin auch kein Problem. "Es muss natürlich deutlich werden, dass es sich nicht um Ministeriumsmitarbeiter handelt." Daher unterstützt er die Forderung nach mehr Transparenz. "Dann wird auch deutlich, dass die Leute nicht auf dem Schoß des Ministers sitzen und einzelne Passagen aus den Gesetzentwürfen herausstreichen." Auch dieser Antrag wurde Anfang Juni von der Regierung abgelehnt. Zur Begründung wurde seitens der Union darauf verwiesen, dass schon jetzt geregelt sei, dass Externe nicht an der Formulierung von Gesetzentwürfen beteiligt werden. Ein verpflichtendes Lobbyistenregister wiederum werfe verfassungsrechtliche Fragen auf, da es in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreife. Außerdem sei die politische Einflussnahme von Interessenvertretern legitim und Bestandteil des politischen Entscheidungsprozesses. Letzterem stimmt auch die SPD zu. Es gehe jedoch darum, die versteckte Einflussnahme offenzulegen. Daher solle künftig im Vorblatt eines jeden Gesetzentwurfs aufgelistet werden, ob und in welcher Zuständigkeit externe Mitarbeiter an seiner Entstehung beteiligt waren. Bei den Grünen ist man sich bewusst, dass Parlamentarier die Aufgabe hätten, Argumente abzuwägen und im Interesse des Allgemeinwohls auszugleichen, aber man sei darauf angewiesen, zu wissen, mit wem man es jeweils zu tun habe. Auch BASF will in Sachen Lobbyistenregister am Ball bleiben. "Wir werden das Thema auch in der nächsten Legislaturperiode konstruktiv angehen. Egal unter welcher Regierungskonstellation", kündigt Niedermark an.