Piwik Webtracking Image

Mandat und Mission

BUNDESTAG Viele Parlamentarier sind auch ehrenamtlich aktiv

19.08.2013
2023-08-30T12:24:03.7200Z
4 Min

Wolfgang Thierse (SPD) ist nicht zu übertreffen. Der Bundestagsvizepräsident, der im Herbst nach 23 Jahren das Parlament verlässt, hat neben seinem Mandat noch 23 Ehrenämter inne; viele Mitgliedschaften in politischen Stiftungen und Kulturforen sind darunter. Der 69-Jährige macht sich aber auch für die Erinnerung an das jüdische Leben im Berliner Heimatbezirk Pankow stark und ist im Wirtschaftsrat des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC aktiv.

Für die meisten Bundestagsabgeordneten ist freiwilliges Engagement neben dem Mandat Ehrensache. Vier bis fünf ehrenamtliche Funktionen haben viele vorzuweisen, mehr als zehn Ehrenämter listet gut ein Dutzend Parlamentarier auf. Einer der eifrigsten ist Volker Beck, der neben dem stressigen Job als Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion noch Zeit für 15 Ehrenämter findet. Viele Mitgliedschaften sind angelehnt an die inhaltliche Tätigkeit als Abgeordneter. Zahlreiche Sozialdemokraten sind in Sozialverbänden aktiv, viele Grüne im Umweltbereich, Linke-Politiker in Friedensinitiativen, Unions-Parlamentarier in kirchlichen Gremien oder FDP-Abgeordnete in wirtschaftsnahen Organisationen.

Einsatz im Sozialen

Eine große Zahl von Mandatsträgern sitzt in Gremien etwa des ZDF oder der Deutschen Welle. In der Stärkung des Ehrenamtes sind sich die Fraktionen weitestgehend einig. Am 1. Februar beschloss der Bundestag mit breiter Mehrheit Verbesserungen für ehrenamtlich Tätige. Im Einkommenssteuerrecht wurden die Übungsleiter- und die Ehrenamtspauschale erhöht, Haftungsregeln gelockert.

Engagement für Schwache ist quer über die Parteigrenzen vielen Abgeordneten wichtig. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ist ehrenhalber Vorsitzender des Kuratoriums der "Aktion Deutschland Hilft", einem Bündnis von Organisationen, das vor allem bei Katastrophenfällen im Ausland helfen soll. Der CDU-Abgeordnete Thomas Dörflinger sitzt dem katholischen Sozialverband Kolpingwerk vor. Ilja Seifert (Linke) kümmert sich als Vorsitzender des Allgemeinen Behindertenverbandes in Deutschland um die Teilhabe von Menschen mit Handicap. Ute Vogt (SPD) engagiert sich als Vizepräsidentin in der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft und taucht so auch schon mal auf einem CDU-Parteitag auf.

Engagement vor Ort

Auch in der Heimat sind die meisten Abgeordneten engagiert, in Sportvereinen, in der Kultur, beim Technischen Hilfswerk oder bei der Feuerwehr. Die Mitwirkung vor Ort stärkt die Verwurzelung der Abgeordneten im Wahlkreis. Der CDU-Abgeordnete Frank Steffel etwa ist Präsident des Sportvereins Füchse Berlin-Reinickendorf, sein Fraktionskollege Ingo Wellenreuther führt den Karlsruher SC. Dirk Fischer (CDU) steht dem Hamburger Fußball-Verband vor und sitzt im Vorstand des Deutschen Fußball-Bundes, den Grünen-Chefin Claudia Roth nebenbei in Umweltfragen berät. Die SPD-Sportpolitikerin Dagmar Freitag ist Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, ihr Fraktionskollege Martin Gerster Präsident des Deutschen Sportakrobatikbundes. Dem SPD-Innenexperten Michael Hartmann hat es Baseball und Softball angetan, er steht dem Präsidium dieses Sportverbandes vor. Cornelia Pieper (FDP) engagiert sich beim Heimatverein Hallescher FC, Christoph Bergner ist Präsident beim SV Halle, Tankred Schipanski (beide CDU) wirkt in gleicher Funktion beim VfB 91 Suhl, dessen Frauen in der Volleyball-Bundesliga spielen. Paul Schäfer (Linke) ist Ehrenvorsitzender der ASG Uni Bonn, einem Verein, den er zehn Jahre lang geführt hatte. Ex-Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) findet als Vorsitzende des Kuratoriums des Deutschen Behindertensportverbandes Berufung neben dem Mandat.

Auch die Kulturförderung liegt vielen Abgeordneten am Herzen. Die deutschen Orchesterverbände werden vom FDP-Parlamentarier und Mundharmonikaspieler Ernst Burgbacher als Präsident geführt. Siegfried Kauder (CDU) steht der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände vor. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) engagiert sich in mehreren Ämtern für die Kultur an der Ruhr, die Linke-Politikerin Luc Jochimsen für Kulturprojekte in Berlin und Gera. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sorgt sich nicht nur um den Euro, sondern auch um das Festspielhaus in Baden-Baden. Die Berliner Linke-Abgeordneten Gesine Lötzsch und Stefan Liebich machen sich für Zoo und Tierpark in der Hauptstadt stark. In der Lausitz setzt sich Reiner Deutschmann (FDP) als Vorsitzender des Krabat e.V. für den Erhalt der sorbischen Kultur ein.

Bier und Karneval

Zum Kulturgut Bayerns gehört das Bier, dem Deutschen Institut für Reines Bier steht mit Herbert Frankenhauser ein CSU-Parlamentarier vor. Die Klein- und Obstbrenner haben den CDU-Mann Alois Gerig als Vorsitzenden. Um den Karneval verdient machen sich etwa Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) in Oberbayern oder Josef Winkler (Grüne), der sich in seinem Heimatort Bad Ems auch als Intendant des Kabaretts CasaBlanca einen Namen gemacht hat. Satire mag auch Barbara Höll (Linke), sie ist Club-Mitglied im Leipziger Kabarett academixer.

So viele Ehrenämter wie Wolfgang Thierse kann Erika Steinbach nicht vorweisen. Doch die ehrenamtliche Präsidentschaft beim Bund der Vertriebenen nimmt viel freie Zeit der CDU-Bundestagsabgeordneten in Anspruch. Auch Klaus Brähmig ist in diesen Wochen besonders mit seinem Ehrenamt verbunden. Als Vorsitzender des Tourismusverbandes Sächsische Schweiz hat der CDU-Abgeordnete aus Sachsen viel zu tun, um wieder Gäste in die zauberhafte Gegend an der Elbe zu locken, die vom Juni-Hochwasser schwer getroffen wurde, sich aber nun wieder in weiten Teilen von ihrer sonnigen Seite zeigt.