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Die großen Drei

KOALITIONSVERHANDLUNGEN Finanzfragen im Mittelpunkt

25.11.2013
2023-08-30T12:24:08.7200Z
4 Min

Am Ende werden es die großen Drei richten müssen. Nach diversen Treffen in größeren und kleineren Runden, Arbeits- und Steuerungsgruppen sind zentrale Punkte des rot-schwarzen Koalitionsvertrages noch offen. Die Erwartungen der jeweiligen Parteibasis und der damit verbundene Druck sind immens, und so versuchen die Unterhändler von CDU, CSU und SPD Maximalpositionen herauszuholen, was bei teilweise diametral unterschiedlichen Ansätzen nicht gerade zur Kompromissfindung beiträgt.

Nun steht der Fahrplan, aber der Zug hat Verspätung. An diesem Mittwoch soll der Koalitionsvertrag fertig sein, bis dahin werden die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) vermutlich noch den ein oder anderen Durchbruch organisieren müssen, soll die Große Koalition wie geplant am 17. Dezember mit der Kanzlerwahl stehen. Und zuvor lauert da ja noch der SPD-Mitgliederentscheid mit ungewissem Ausgang.

Finanzen

Schwierig sind die Gespräche nicht nur wegen inhaltlicher Fragen, sondern wie immer auch wegen des Finanzierungsvorbehalts. Die Union schließt Steuererhöhungen aus, und Bundeskanzlerin Merkel höchstpersönlich hat der Haushaltsdisziplin klaren Vorrang eingeräumt. Ab 2015, so verkündete sie, sollen keine neuen Schulden mehr gemacht werden. Das lässt wenig Spielraum in einem 310-Milliarden-Euro-Haushalt, der ohnehin zu weiten Teilen bereits verplant ist. So wird die vorweihnachtliche Wunschliste der Fachpolitiker, die sich auf rund 50 Milliarden Euro summieren soll, dem Vernehmen nach auf zehn Milliarden Euro zusammengestutzt. Wo die freien Gelder schließlich hinfließen, dürfte noch Gegenstand eines kräftigen vorkoalitionären Tauziehens werden. Einig sind sich die Fachleute aber darin, dass für die Verkehrswege mehr Geld benötigt wird.

Frauenquote

Immerhin können die Verhandlungspartner auch Einigungen vermelden, etwa bei der Gleichstellung von Mann und Frau. So soll es ab 2016 eine verbindliche Quote von mindestens 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen geben. Wird der Frauenanteil nicht erreicht, soll der Platz im Aufsichtsrat leer bleiben. Die SPD wollte allerdings eigentlich eine Quote auch für Vorstände, konnte sich nach Angaben von Parteivize Manuela Schwesig damit aber nicht durchsetzen.

Dafür verständigte sich die Arbeitsgruppe Familie auch auf ein "Elterngeld plus", das Frauen und Männern maximal 28 Monate lang die Möglichkeit bieten soll, neben dem Elterngeld einer "nicht geringfügigen Teilzeittätigkeit" nachzugehen. Vor allem Alleinerziehenden soll so der Jobeinstieg erleichtert werden. Ein "Partnerschaftsbonus" soll gewährt werden, wenn Eltern mit Kleinkindern beide in Teilzeitjobs beschäftigt sind. Ferner sollen Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen künftig für zehn Tage bei voller Lohnfortzahlung eine Auszeit vom Job nehmen dürfen. Schwesig nannte dies mit Blick auf die alternde Gesellschaft "ein großes Thema". Weiter strittig ist laut Schwesig das Betreuungsgeld, das auf Drängen der CSU gerade erst eingeführt wurde, von der SPD aber als "Herdprämie" abgelehnt wird. Die meisten Länder, so heißt es bei der SPD, würden das Geld lieber in den Kita-Ausbau stecken.

Mindestlohn

Mit einem eher schwammigen Kompromiss ist das Thema Mindestlohn vorübergehend abgehakt worden. Demnach wird der allgemeine gesetzliche Mindestlohn eingeführt, die Frage ist nur, wann und in welcher Höhe. Eine Kommission soll jährlich festlegen, wie hoch der Mindestlohn ausfällt. Die SPD verlangt 8,50 Euro pro Stunde, Ökonomen sehen darin jedoch ein Jobvernichtungsprogramm.

Auch die von der Union geforderte höhere Rente für Frauen, die vor 1992 Kinder geboren haben, soll kommen. Die Finanzierung ist aber noch unklar. Mütterrente und Mindestlohn landen somit nochmals auf den Schreibtischen der drei Parteichefs, wie auch die Themen Leih- und Zeitarbeit sowie die von der CSU gewollte PKW-Maut und die Themen doppelte Staatsbürgerschaft und Homo-Ehe.

Gesundheit

Einen großen Brocken räumten Union und SPD nach heftigen Streit in der Gesundheitspolitik ab. So sollen die bislang pauschalen Zusatzbeiträge der Kassen durch prozentuale, am Einkommen gemessene Beiträge ersetzt werden, was Geringverdienern zugute kommt. Zusatzbeiträge dürfen Krankenkassen einfordern, wenn sie mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. SPD-Verhandlungsführer Karl Lauterbach feierte den Durchbruch am Freitag als "historisches Ende der Kopfpauschale". Dafür wird der Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung bei 7,3 Prozent festgeschrieben, der Beitragssatz bei 14,6 Prozent; derzeit liegt er bei 15,5 Prozent. Unions-Unterhändler Jens Spahn (CDU) wertete den fixierten Arbeitgeberanteil als "wichtigen Punkt für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands".

Der Beitrag zur Pflegeversicherung, der im Moment bei 2,05 Prozent (Kinderlose 2,3 Prozent) liegt, soll spätestens zu Jahresbeginn 2015 um 0,3 und später um weitere 0,2 Prozentpunkte steigen. Ferner sollen rund eine Milliarde Euro in einen Pflegevorsorgefonds fließen.

Eigentlich werden Personalfragen ja zum Verhandlungsschluss geklärt. CSU-Chef Seehofer gab aber schon mal bekannt, dass er drei Ministerposten in Berlin beansprucht. Und ein Name steht auch schon fest: CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt wird befördert.