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Globaler Lauschangriff

GRUNDRECHTE Gesetze regeln Schutz vor Überwachung

25.11.2013
2023-08-30T12:24:08.7200Z
3 Min

Die Rechtsvorschriften zum Schutz vor staatlicher Überwachung sind in ihrer Intention eindeutig, dennoch scheinen sich Geheimdienste bisweilen den rechtsstaatlichen Grundsätzen zu entziehen. Auf nationaler, europäischer und globaler Ebene besagen die einschlägigen Rechtsstatute, dass die Privatsphäre der Bürger und namentlich deren Korrespondenz zu schützen sei. Ähnlich formuliert finden sich solche Grundrechtspassagen in Artikel 10 Grundgesetz, in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und in Artikel 17 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte von 1966 (UN-Pakt).

Regierung und Parlament in Deutschland sind dazu verpflichtet, den Schutz privater Daten zu gewährleisten, was sich auch aus dem sogenannten Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1983 ergibt, wo erstmals das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung festgeschrieben wurde. Demnach entscheidet jeder Bürger selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten. Der Schutz vor "unbegrenzter Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe" personenbezogener Daten leitet sich dem Urteil zufolge aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes ab. Einschränkungen dieses Rechts sind "nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig", wobei sie einer "verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage" bedürfen und dem "Grundsatz der Verhältnismäßigkeit" folgen müssen.

Unverhältnismäßig

Wenn, wie jetzt im Fall NSA, offenbar massenhaft und verdachtsunabhängig personenbezogene Verbindungsdaten ausgespäht und gesammelt werden, kann nach Ansicht des Deutschen Instituts für Menschenrechte nicht mehr von einem verhältnismäßigen Vorgehen gesprochen werden. Es falle auch schwer, eine solche flächendeckende Überwachung mit dem Anti-Terror-Kampf zu legitimieren, sagt Eric Töpfer, der sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem Berliner Institut mit Fragen der Inneren Sicherheit befasst. Die Amerikaner hatten nach dem Terrorangriff vom 11. September 2001 mit dem sogenannten Patriot Act ihren Sicherheitsbehörden weitreichende Befugnisse eingeräumt unter Einschränkung der Bürgerrechte. Das Gesetz vereinfacht etwa die Überwachung von Telefongesprächen und Mail-Konten.

Schattenwelt

Die Beweislage im Fall NSA ist schwierig, die Rechtslage komplex, da der Datenverkehr via Internet global organisiert ist. Ausländische Dienste, gibt Töpfer zu bedenken, halten sich nicht notwendigerweise an fremdes Recht. Überdies ließen sich viele Vorwürfe nicht nachweisen, sagt Töpfer und spricht von einer "Schattenwelt". So komme es darauf an, wo fremde Dienste auf Informationen zugreifen. Wenn etwa in Großbritannien Daten aus Deutschland ausgelesen würden, verstoße der britische Geheimdienst nicht gegen deutsches Recht. Es könnte aber sein, dass britisches Recht gegen europäisches Recht verstößt.

Grundsätzlich anders liegt laut Töpfer der Fall, wenn Leute freiwillig Daten hergeben, etwa indem sie sich im Internet einem sozialen Netzwerk anschließen. Damit akzeptieren Nutzer die jeweiligen Geschäftsbedingungen der Firmen, die unter Umständen beinhalten, dass Daten an staatliche Stellen weitergereicht werden können. Die meisten Leute wüssten vermutlich gar nicht, worauf sie sich einlassen. Firmen wie Facebook oder Google hielten sich womöglich an US-Recht, das den Diensten über den Patriot Act aber weitreichende Befugnisse einräume. Nach Ansicht Töpfers müsste die Rechtsgrundlage für Geheimdienste im In- und Ausland daraufhin überprüft werden, wie Menschenrechte und das Recht auf Vertraulichkeit von Kommunikation gewährleistet werden können.