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"Nicht nur Kosten sehen"

INTERVIEW Hans-Peter Uhl (CSU) zur Sicherheit der Firmen

25.11.2013
2023-08-30T12:24:08.7200Z
3 Min

Herr Uhl, was für ein Gefühl löst es bei Ihnen aus, dass womöglich irgendwo in den USA all Ihre Handygespräche der letzten Jahre dokumentiert liegen?

Ich fühlte mich betroffen von der Skrupellosigkeit des Vorgehens. Wir wollen und brauchen keine digitale Besatzungsmacht USA. Seit dem 11. September 2001 hat sich dort wohl bei den Nachrichtendiensten eine Wahnvorstellung breit gemacht.

Waren Sie sich denn bewusst, dass amerikanische Dienste in diesem Ausmaß auch die deutsche Wirtschaft aushorchen?

Ich hatte es befürchtet. Und wer Kanzlerhandys abhört, betreibt wohl auch weitaus einfachere Wirtschaftsspionage.

Sehen Sie sich als Politiker ohnmächtig angesichts der Fülle an Wirtschaftsspionage in Deutschland?

Nein, wer sich ohnmächtig fühlt, sollte einen anderen Beruf suchen. Wir sind dazu da, fremde Mächte zurückzuhalten, die sich illegal verhalten.

Aber immer mehr Daten gelangen ins Netz, es wächst unheimlich. Ist da überhaupt an Schutz zu denken?

Totale Sicherheit wird es nie geben. Aber es gibt viele Chancen zum Schutz, die wir gerade erörtern.

Jetzt ist die Rede von No-Spy-Abkommen - ist es nicht naiv, an eine Wirksamkeit zu glauben?

Solche Abkommen sollten wir zur Bewusstseinsbildung schließen. Damit würde aber kein Problem gelöst werden. Es gibt ja keine Möglichkeiten zur Sanktionierung.

Sollte die Politik jetzt nicht resoluter auftreten - zum Beispiel auch gegenüber der chinesischen Regierung?

Es findet gerade ein weltweiter Wettbewerb im Spionieren statt. Die Aufgabe des Staates ist nun, seine Bürger davor zu schützen.

Was halten Sie von der Idee eines europäischen Netzes?

Es kann kein europäisches Internet als Konkurrenzveranstaltung zum World Wide Web geben. Aber möglich ist, dass Daten, die nur Deutschland oder den Schengenraum betreffen, diesen nicht verlassen.

Ließe sich das auch schützen gegen die technische Kompetenz der NSA?

Ja, natürlich. Wir haben in Deutschland eine hervorragende Kryptotechnologie und entsprechend spezialisierte Unternehmen. Da muss es einen weiteren Schub geben.

Man sagt, deutsche Unternehmen unterschätzen noch heute die Gefahr von Industriespionage. Woran liegt das?

Diesen Fehler begehen wir in Deutschland generell. Viele sehen nur die Kosten von Sicherheitsmaßnahmen und nicht die Gegenkosten durch Spionage. Die können nämlich deutlich höher ausfallen.

Wäre es eine Idee, Investitionen in die Firmensicherheit steuerlich zu fördern?

Das ist durchaus zu überlegen. Der Staat muss seinerseits sichere Kommunikationstechniken entwickeln lassen und sie dann zertifizieren. Gerade für kleinere Mittelständler sollten diese bezahlbar sein - allerdings kann es nicht Aufgabe des Staates sein, der Privatwirtschaft dies komplett zu finanzieren.

Als Sie hörten, dass US-Geheimdienste die deutschen Kollegen wegen ihrer technischen Kenntnisse lobten - was ging Ihnen da durch den Kopf?

Zum Geschäft mancher Nachrichtendienste gehört auch die Desinformation, und dies ist ein klassisches Beispiel dafür. Mit dem Lob wollte man ausdrücken: ‚Warum regt Ihr Deutsche Euch denn so auf, Ihr seid ja selbst so?' Aber das sind wir nicht, denn der BND hört nicht Barack Obamas Handy ab.

Können Sie ausschließen, dass der BND Wirtschaftsspionage betreibt?

Wir haben diese Frage dem BND mehrfach gestellt, und sie wurde immer gleichlautend mit Nein beantwortet.

Und wenn man Spionage als Fakt hinnimmt und sagt: Jetzt legen wir damit selber richtig los?

Ich weiß, dass es in Frankreich und England zum Beispiel solche Überlegungen gibt. Aber diesen Weg halte ich für falsch. Wir wollen in einer Wirtschaftsordnung des Rechts und der Freiheit leben. Da ist Spionage ein Fremdkörper.

Vertrauen ist ein Wert, der in der Wirtschaft der vergangenen Zeit gelitten hat.

Das Vertrauen ist hochgradig gestört, insbesondere gegenüber Amerika. Vertrauen ist aber ein enorm wichtiges Gut. Wir werden lange Zeit brauchen, um es wieder herzustellen.

Mit dem CSU-Innenexperten Hans-Peter Uhl sprach Jan Rübel.