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Schnell zum Aufschwung

wirtschaft Minister Gabriel (SPD) will der Arbeit ihren Wert zurückgeben. Linke bezweifelt "Konsumwelle"

17.02.2014
2023-11-08T12:31:40.3600Z
3 Min

Die Wirtschaft kommt in Fahrt. Nach den nahe bei Null liegenden Wachstumsraten der Vorjahre soll die Wirtschaft in diesem Jahr um starke 1,8 Prozent wachsen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) stellte am Donnerstag in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag erfreut fest, dass sich Löhne und Gehälter in diesem Jahr endlich wieder entlang von Produktivität und Inflationsausgleich entwickeln. Das werde zu einer Stärkung der Binnenkonjunktur führen.

Klar bekannt

Gabriel legte ein klares Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft ab und bezeichnete sie als "Erfolgsmodell", das aber gestärkt werden müsste. Dies könne zum Beispiel durch den von der Regierung geplanten Mindestlohn von 8,50 Euro geschehen. In der Debatte um die soziale Marktwirtschaft gehe es darum, "dass Arbeit und Leistung ihren Wert haben müssen". Der Mindestlohn von 8,50 Euro sei eine Abkehr von dem entwürdigenden Zustand, dass Menschen den ganzen Tag arbeiten und hinterher trotzdem zum Sozialamt gehen müssten. Die derzeitige Spaltung des Arbeitsmarktes mit einer Zunahme der Leih- und Zeitarbeit sowie dem Unwesen der Werkverträge sei eines der Probleme in der Marktwirtschaft.

Zu den Zukunftsaufgaben rechnete Gabriel neben der Stabilisierung des Euroraums eine Erhöhung der Investitionen. Außerdem müsse man die Kostenentwicklung im Energiebereich in den Griff bekommen. Notwendig seien auch mehr Unternehmensgründungen.

Sahra Wagenknecht (Die Linke) hielt Gabriel Äußerungen aus dem letzten Jahr vor, als er als Oppositionspolitiker die hohe Zahl prekärer Beschäftigungsverhältnisse und befristeter Arbeitsverhältnisse kritisiert, vor Jugendarmut gewarnt und die ungleiche Verteilung von Gemeinwohllasten kritisiert hatte. "Der tapfere Oppositionspolitiker ist heute Wirtschaftsminister, redet von sozialer Marktwirtschaft und guten Löhnen." Das sei vollkommen unglaubwürdig. Der Koalitionsvertrag zeige, dass überhaupt nichts geändert werden solle. Von Vermögensteuer und einem höheren Spitzensteuersatz sei keine Rede mehr. Gabriels Politik sei "jämmerlich", weil er alles fortsetze, was die vorherige Regierung gemacht habe. Wagenknecht bezweifelte, dass es zu einer "großen Konsumwelle" kommen werde. Das zeigten stagnierende Einzelhandelsumsätze, die auf miese Lohn- und Rentenentwicklung sowie auf explodierende Strompreise zurückzuführen seien. Wagenknecht forderte einen Mindestlohn von zehn Euro sofort statt "löchrige 8,50 Euro irgendwann".

Michael Fuchs (CDU) warf Wagenknecht vor, "Quatsch" zu verbreiten und die Realität nicht zur Kenntnis zu nehmen: "Sie haben bis jetzt nicht kapiert, dass es Deutschland gut geht." Die Politik der Bundeskanzlerin habe dafür gesorgt, dass es wieder aufwärts gehe und Europa sich aus der Krtise zu lösen beginnen. "Davon verstehen Sie nichts, weil Sie Ihr kommunistisches Gelabere einfach weiterführen", sagte Fuchs. Er lobte die Beschäftigungslage, die so gut sei wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Der CDU-Politiker setzte sich aber in der Energiepolitik von Gabriel ab, indem er einen Bestandsschutz vor der EEG-Umlage für Unternehmen mit Eigenstromproduktion verlangte. Er sehe mit Sorge, dass die Industrie schon heute weniger in Deutschland investiere.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, es sei zwar schön, dass die Wirtschaftslage gut sei und dass es höhere Löhne gebe. "Aber erstens trifft das nicht auf alle Menschen in unserem Lande zu, und zweitens ist von einem Bundeswirtschaftminister etwas mehr zu erwarten, wenn er über die wirtschaftspolitischen Perspektiven spricht, als zu beschreiben, wie die Lage ist." Dann hätte man jemand vom Statistischen Bundesamt einladen können. Wenn die Koalition für stabile Strompreise sorgen wolle, dann solle sie sich um die kostengünstigsten Bereiche der Stromproduktion kümmern. Die kostengünstigste Stromproduktion sei die Aufstellung von Windkraftanlagen an Land - "und ausgerechnet das wollen Sie deckeln. Das macht doch keinen Sinn". Hubertus Heil (SPD) warf der Opposition vor, schlechte Stimmung zu verbreiten und sagte: "Wir brauchen Macher und keine Miesmacher."

Ebenso wie der Jahreswirtschaftsbericht und das Gutachten des Sachverständigenrates über die wirtschaftliche Entwicklung (18/94) wurde ein Antrag der Grünen-Fraktion (18/493) an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Darin wird gefordert, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands durch Innovation und Zukunftsinvestitionen zu sichern, um die Chancen zukünftiger Generationen nicht zu verspielen. Abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke, in dem unter anderem die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von zehn Euro zum 1. Juli 2014 verlangt wird.