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Bundesregierung tritt auf die Mietenbremse

WOHNEN Die Mietpreise schießen in die Höhe. Die Fraktionen wollen gegensteuern

24.02.2014
2023-08-30T12:26:10.7200Z
4 Min

Einer der kürzesten Witze über München geht so: "Suche günstige Wohnung." Darüber lachen können viele Wohnungssuchende und Mieter in der bayrischen Landeshauptstadt allerdings nicht. Wer hier eine Wohnung neu anmieten möchte, muss inzwischen durchschnittlich 12,20 Euro pro Quadratmeter hinblättern - und dafür bekommt der Mieter nicht etwa eine schicke, frisch sanierte Wohnung, sondern oft zehn Jahre alten Standard. Die Mieten in München sind im Jahr 2013 um 2,5 Prozent gesteigen - vergleichsweise moderat im Vergleich zu Berlin (3,4 Prozent) und Nürnberg (3,6 Prozent). Doch viele deutsche Groß- und Universitätsstädte eint, dass sich insbesondere Familien, Studenten und Geringverdiener das Wohnen in ihren Zentren kaum noch leisten können. In den begehrten Innenstadtlagen Münchens, Hamburgs oder Berlins wird bei Neuvermietungen inzwischen eine 30 bis 40 Prozent höhere Miete verlangt - ohne dass an der Wohnung irgendetwas gemacht wurde. Und auch die Immobilienpreise klettern in die Höhe: Die Preise für Eigentumswohnungen sind 2013 um 5,9 Prozent gestiegen. Im Vorjahr waren es saftige 5,1 Prozent. Die Bundesbank warnt bereits vor einer Immobilienblase.

Zahlen, die längst nicht nur Mieter alarmieren, sondern auch die Politik. Caren Lay (Die Linke) skizzierte am Donnerstag in der Bundestagsdebatte zum Thema ein düsteres Bild vom deutschen Wohnungsmarkt: Da gebe es einerseits "Verdrängung, Gentrifizierung und Explosion von Mieten", und andererseits "Spekulationen mit Wohnraum und hohen Renditen auf Seiten der Vermieter". Der schwarz-gelben Vorgängerregierung warf Lay vor, beim Schutz der Mieter vor Mietpreisexplosionen "komplett versagt" zu haben.

Die Linksfraktion hat dem Bundestag drei Anträge (18/504, 18/505, 18/506) vorgelegt, in denen sie unter anderem die Einführung einer Mietpreisbremse fordert. Außerdem soll die Regierung den Sozialen Wohnungsbau stärker fördern und jährlich 150.000 neue mietpreisgebundene Wohnungen schaffen. "Die Regierung muss schnell handeln", mahnte Ley. Wohnen in Deutschland müsse bezahlbar bleiben.

Bei den Koalitionsfraktionen konnte Die Linke mit ihren Vorschlägen allerdings nicht punkten. Zwar waren sich alle Redner darin einig, dass die Lage auf dem Wohnungsmarkt angespannt ist und die Regierung gegensteuern muss. Doch über das Wie gibt es unterschiedliche Auffassungen.

Jan-Marco Luczak (CDU) bezeichnete die Vorschläge der Linken als "populistische Stimmungsmache" und "Sammelsurium von Unsinn". Sie ließen jegliche Kenntnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen vermissen. Seiner Ansicht nach ist die zunehmende Wohnungsknappheit in den Städten Hauptursache für die Mietsteigerungen. "Daher ist der Bau von mehr Wohnungen das beste Mittel gegen steigende Mieten", schlussfolgerte Luczak. Angesichts knapper Haushaltskassen könne der Staat das aber nicht allein stemmen. Er sei "zwingend" auf private Investoren angewiesen. "Eigentum ist nichts Schlechtes", sagte er mit Blick auf die Linksfraktion, die zuvor die zunehmende Privatisierung von Wohnraum kritisiert hatte. Luczak wies zudem darauf hin, dass der Bund für die soziale Wohnraumförderung bis zum Jahr 2019 über eine halbe Milliarde Euro jährlich zur Verfügung stelle.

Dennis Rohde (SPD) warf der Linken vor, mit ihren Vorschlägen potenzielle Investoren abzuschrecken. Dabei sei es in dieser Situation gerade wichtig, Investitionen in den Wohnungsbau zu fördern. Auch kritisierte er, dass die Fraktion zwar viele Ideen habe, "wo man noch ein paar Milliarden ausgeben könnte", aber offen lasse, wie diese solide finanziert werden können.

Rohde verwies auf konkrete Ziele im schwarz-roten Koalitionsvertrag: "Wir werden Mietsteigerungen begrenzen und die Investitionen in den sozialen Wohnungsbau stärken." Außerdem wolle die Regierung die energetische Sanierung vorantreiben und den alters- und familiengerechten Umbau von Wohnungen unterstützen. "Die Mietpreisbremse ist der erste Schritt, den die Große Koalition geht. Der zweite und dritte werden folgen", versprach Rohde.

Eine solche Mietpreisbremse will die Koalition noch bis zum Sommer einführen. Alle Parteien fordern sie, allerdings gibt es Streit darüber, wie sie konkret ausgestaltet werden soll. Die Regierung plant, dass die Miete bei einer Wiedervermietung künftig nur um maximal zehn Prozent steigen darf. Über die Anwendung der Mietpreisbremse sollen die Länder entscheiden können, auch soll sie auf fünf Jahre befristet werden. Erstvermietungen in Neubauten sowie Anschlussvermietungen nach umfassenden Modernisierungen sollen ausgeschlossen werden.

Für Caren Lay verdient diese Mietpreisbremse allerdings ihren Namen nicht. "Warum soll die Miete steigen, wenn sich an der Wohnungsqualität überhaupt nichts verbessert hat?", fragte sie. Die Linke fordert, dass eine Mieterhöhung bei Weitervermietung einer Wohnung künftig nur noch in Höhe des Inflationsausgleichs zulässig sein darf. Auch eine zeitliche Begrenzung der Regelung lehnt sie ab. "Was passiert danach?", fragte Lay. "Und was passiert, wenn die unionsregierten Länder sagen, wir setzen das nicht um, wir wollen keine Mietpreisbremse in unserem Land haben?" Mit diesen Vorstellungen könne man die Mieten genauso bremsen, "wie einen LKW mit einer Fahrradbremse", kritisierte sie.

"Wie ein Schweizer Käse"

Die Grünen sehen das ähnlich. Die Mietpreisbremse der Koalition sei "löchrig wie ein Schweizer Käse", schimpfte Lisa Paus. Vor allem aber sei diese Maßnahme allein viel zu wenig. So sei im Koalitionsvertrag keine steuerliche Förderung bei der energetischen Gebäudesanierung vorgesehen. Reformen bei der Modernisierungs- und Instandsetzungsumlage seien auch nicht geplant. Paus: "Es macht keinen Sinn, warum es in dieser Zeit historisch niedriger Zinsen nach wie vor möglich ist, jedes Jahr elf Prozent der Kosten auf die Mieter umzulegen." Die Koalition forderte sie auf: "Schnüren Sie ein vernünftiges Paket, und schnüren Sie es zügig, um den Menschen tatsächlich zu helfen!"

Justizminister Heiko Maas (SPD) hat bereits angekündigt, noch im März einen Entwurf für eine Mietpreisbremse vorzulegen. Außerdem will die Regierung die Maklergebühren neu regeln - wer den Makler bestellt, soll ihn künftig auch bezahlen. Das würde den Geldbeutel von Mietern erheblich entlasten: Bislang müssen sie oft bis zu 2,38 Nettokaltmieten Provision bezahlen, wenn sie eine Wohnung anmieten.