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Chancen und Zwänge Spechte im Alltag

GLEICHSTELLUNG Männer und Frauen sollen im Job gleiche Bedingungen haben. Ein schwieriges Unterfangen und verunsichert Firmen blindtext geht weiter bis…

17.03.2014
2023-08-30T12:26:10.7200Z
4 Min

Diese Klarstellung war Manuela Schwesig (SPD) wichtig: "Es geht um Gleichstellung, nicht um Sonderrechte für Frauen", machte die Familienministerin in der Debatte über die Chancengleichheit von Männern und Frauen am vergangenen Freitag im Bundestag deutlich. Bei diesem "zentralen Gerechtigkeitsthema für die gesamte Gesellschaft", sagte Schwesig, habe es in den zurückliegenden Jahren zwar Erfolge gegeben. In der Arbeitswelt sei die Gleichstellung jedoch noch nicht angekommen. Beleg dafür ist aus Sicht der Ministerin die Lohnlücke von 22 Prozent zwischen Männern und Frauen. So erhielten die Frauen im Durchschnitt viel weniger Lohn, "obwohl sie das Gleiche verdienen", wie Schwesig doppeldeutig formulierte.

Die eher düstere Situationsbeschreibung im Kampf um die Gleichstellung von Mann und Frau wird von den vier Fraktionen im Bundestag geteilt. Unisono lautete der Aufruf: Es muss etwas passieren! Nur was? Die Koalition setzt auf mehr Zeitsouveränität und eine Flexibilisierung des Elterngeldes, wie aus einem von Union und SPD vorgelegten Antrag (18/763) hervorgeht.

Brücken in die Arbeit

Schwesig findet das richtig. Um die familiäre Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen zu fördern, werde das "ElterngeldPlus" eingeführt. Damit solle es Eltern möglich werden, das Elterngeld bis zu 28 Monate lang in Kombination mit einer geringfügigen Teilzeittätigkeit zu beziehen, um den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Zudem freue sie sich, dass Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) einen Rechtsanspruch für Teilzeitbeschäftigte plane, die in einen Vollzeitjob zurückkehren wollen. Auf die von ihr Anfang des Jahres selbst ins Spiel gebrachte Idee einer 32-Stunden-Woche für junge Eltern ging Schwesig in ihrer Rede indes nicht mehr ein.

Das übernahm Cornelia Möhring (Die Linke), die von einem "wirklich brauchbaren Vorschlag für mehr Zeitsouveränität" sprach. Bedauerlicherweise habe die Koalition den Vorstoß jedoch "in Windeseile" zur persönlichen Idee Schwesigs erklärt und damit auf Eis gelegt. "Dabei geht eine Reduzierung der Erwerbsarbeitszeit genau in die richtige Richtung", befand Möhring. Die Vorlage von Union und SPD wertete sie als Schaufensterantrag.

Weg von den überlangen Arbeits- und Anwesenheitszeiten in den Unternehmen will auch Ulle Schauws. In Schweden, berichtete die Grünen-Abgeordnete, fänden nach 16 Uhr keine Gremiensitzungen mehr statt, da es dort zur Arbeitskultur gehöre, wenn Frauen und Männer der Familie den Vorrang gäben. Schauws nannte in dem Zusammenhang den Koalitionsantrag enttäuschend. Noch immer seien zwei Drittel aller Minijobber Frauen. "Es ist zynisch, dass sie das Problem der Minijobs, die Sackgasse für viele Frauen, nicht anpacken", kritisierte sie. Außerdem seien Frauen in Führungspositionen noch immer stark unterrepräsentiert. Die von der Koalition "mit großem Getöse" angekündigte 30-prozentige Frauenquote in Aufsichtsräten großer Firmen greife viel zu kurz, da sie nur 120 Unternehmen tangiere und nur sehr wenigen Frauen an die Spitze verhelfen könne. "Das ist mutlos", befand Schauws, deren Fraktion einen eigenen Antrag (18/773) vorgelegt hat, in dem eine gesetzliche Regelung für die Erhöhung des Frauenanteils bei der Besetzung von Vorständen ebenso wie die Überarbeitung des Bundesgremienbesetzungsgesetzes gefordert wird.

Zeit für Familie

Bei der Zeitsouveränität und Partnerschaftlichkeit gelte für die Union der Grundsatz der Wahlfreiheit in der Gestaltung der familiären Situation, machte Marcus Weinberg (CDU) deutlich. Werde über die Frage einer Teilzeitarbeit innerhalb der Familie frei entschieden, sei dies gut so. "Wenn es aber ökonomischen, sozialen oder gesellschaftlichen Zwängen unterliegt, muss die Politik reagieren." Für seine Fraktion stünden über allem, "die Freiheit von Restriktionen und die Freiheit für die Optionen, verschiedene Lebensentwürfe zu entwickeln". Männer wie Frauen müssten Zeit für die Familie haben können, "ohne dass die Karriere anschließend vorbei ist", sagte auch Weinbergs Fraktionskollegin Nadine Schön. "Es kann doch nicht sein, dass man in 50 Jahren Berufstätigkeit rund um die Uhr dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen muss." Ziel müsse es vielmehr sein, dass sich die Taktgeber innerhalb der Familie besser abstimmen könnten. Dabei sei die Wirtschaft ebenso wie die Gesellschaft insgesamt gefragt. Carola Reimann (SPD) kündigte Initiativen gegen Lohndiskriminierung an. Dazu gehöre der gesetzliche Mindestlohn ab 2015, der vor allem Frauen helfe, "da sieben von zehn Beschäftigten im Niedriglohnbereich Frauen sind". Zudem solle ein individuelles Auskunftsrecht für alle Beschäftigten eingeführt werden, damit Lohnungleichheiten im Betrieb sichtbar würden. "Und wir regeln ein Verfahren, damit Betriebe eigenständig für Lohngerechtigkeit sorgen können", sagte Reimann. Ferner solle es einen Rechtsanspruch für Teilzeitbeschäftigte geben, auf einen Vollzeitjob zurückzukehren, damit Teilzeit nicht länger zur Falle für Frauen werde.