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Graue Märkte und weiße Haie

Finanzen Ein Prüfsystem soll Abhilfe gegen unseriöse Angebote im Kapitalsektor schaffen

17.03.2014
2023-08-30T12:26:11.7200Z
3 Min

Weißer Hai, grauer Hai, gar kein Hai: Im Bundestag herrschte Einmütigkeit, dass den Raubfischen im Finanzmeer der Garaus gemacht werden müsse. Doch über die wirksamste Bekämpfungsmethode gingen bei der Debatte zum Grauen Kapitalmarkt die Meinungen der Fraktionen am Donnerstag auseinander. Das Prokon-Debakel gab das Stichwort: 75.000 Anleger, die 1,4 Milliarden Euro zu verlieren drohen. Für die Fraktion Die Linke war dies der Auslöser, Regulierungen für den Finanzmarkt erneut auf die Tagesordnung des Bundestags zu hieven.

Bisherige Verbesserungen seien lediglich "in homöopathischen Dosen" erfolgt, kritisierte deren Angeordnete Susanna Karawanskij. Der Bundesregierung hielt sie "handlungsunfähige Starre" vor. Sie verwies auf "viel zu viel Finanzschrott" auf den Märkten. Es sei "alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten wird" .

Allerdings stieß vor allem ihre Forderung nach einem Finanz-TÜV bei den übrigen Fraktionen nicht auf Gegenliebe. Dabei machte Karawanskij gerade diesen Vorstoß zu einem Schwerpunkt ihres Katalogs. Vor der Zulassung eines Finanzprodukts müsse eine solche Einrichtung prüfen, ob das Risiko unter dem Gesichtspunkt der Finanzstabilität beherrschbar und zugleich verbraucherfreundlich sei. Die Beweislast sei umzukehren. Die Emittenten müssten die Unbedenklichkeit ihres Produkts darlegen. Mithin bilde ein solcher Finanz-TÜV ein "präventives Instrument". Bisher werde immer nur "hinterhergehechelt".

Karawanskij rief zudem zur Stärkung von unabhängigen Beratern wie den Verbraucherzentralen auf, um auch so vor "windigen und unseriösen Anbietern" zu warnen. Kein Finanzinstrument und keine Finanzpraxis dürften unkontrolliert bleiben.

Dieser Forderung schloss sich Frank Steffel (CDU) nahezu wortgleich an. Seine Sichtweise indes: Es solle nicht in erster Linie darum gehen, den Grauen Kapitalmarkt zu regulieren. Vielmehr sei dafür zu sorgen, dass es einen "möglichst weißen Kapitalmarkt" gebe. Die Politik müsse "wachsam bleiben". Allerdings nicht nur wegen der "Kreativität der Anbieter", sondern auch wegen der "Gier der Konsumenten". Steffel unterstrich: Regulierung und Gesetzgebung sei ein Teil. Aber: "Der wichtigere Teil ist die Aufklärung." Die Koalition, so kündigte er an, wolle die Mittel für die Stiftung Warentest aufstocken.

Er zog den Vergleich mit Zigarettenschachteln: Der Konsument müsse aufgeklärt werden. Aber die "Entscheidungsfreiheit" liege nun mal bei ihm. Jeder solle sich des Grundsatzes bewusst sein: "Je höher der Zinssatz, je höher das Risiko." Das Verbot eines Produkts könne "nur die ultima ratio" sein. Immer wieder habe sich der Bundestag mit der Thematik beschäftigt. Was zeige: Die Maßnahmen hätten noch nicht ausgereicht. So beschrieb es Gerhard Schick (Grüne). Offenkundig gebe es eine "Lücke in Aufsichts- praxis und Rechtsetzung".

Finanz-TÜV? "Klingt schön, ist aber praktisch nicht durchführbar", befand er. Zum einen sei eine Wirtschaftlichkeitsprüfung mit hohen Risiken verbunden. Zum anderen wirke das Abnicken eines Produkts geradezu wie eine Garantie. Er zog eine Parallele zu Lebensmitteln. Die Salmonellen könne der Kunde nicht sehen. Aber er müsse darauf vertrauen können, dass mittels Proben das Hygieneniveau ausreiche. Die Aufgabe der Proben auf dem Finanzsektor maß er der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) zu. Sie müsse dringend mehr Personal bekommen. Gleichwohl sei ein umfassender Finanz-TÜV durch die BaFin nicht leistbar.

Absage an einen Finanz-TÜV auch durch Carsten Sieling (SPD). Für ihn wäre das ein "Instrument, was zu unscharf ist". Er verwies darauf, dass Anlegerschutz und Eindämmung des Grauen Marktes zum vereinbarten Programm der großen Koalition gehörten. "Wirklich neu" dabei sei, dass die BaFin auch für den Verbraucherschutz zuständig werden solle. Er sprach von "Finanzmarktwächtern" als "Frühwarnsystem". So könne das "Ungleichgewicht von Anbietern und Verbrauchern" verringert werden. Ausdrücklich sprach er sich für die Möglichkeit aus, dass "besonders risikoreiche Produkte auch verboten werden".

Prokon als Aufhänger für die Debatte im Bundestag? Sieling sah die Gefahr, der Antrag der Links-Fraktion könne "zu viel Erwartungen wecken". Womöglich handee es weniger um einen grauen als um einen "schwarzen Kapitalmarkt" - ein Fall für den Staatsanwalt.

Debattengrundlage war ein Antrag der Linksfraktion (18/769), in dem der Finanz-TÜV gefordert wird. Jährlich verlören Anleger hierzulande zwischen 50 und 98 Milliarden Euro "durch falsche, zumeist provisionsgetriebene, nicht verbraucherorientierte Beratung und den Verkauf unseriöser und hochriskanter Finanzinstrumente".