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Zeit der Erbhöfe ist abgelaufen

MEDIEN Umsetzung des Karlsruher Urteils zum ZDF-Staatsvertrag stellt Politik vor Probleme

07.04.2014
2023-08-30T12:26:12.7200Z
2 Min

Ein wenig gekränkter Stolz klang in den Worten von Volker Kauder (CDU) an: "Alle Politiker sollten raus aus den öffentlichen Gremien der öffentlich-rechtlichen Anstalten", sagte der Unionsfraktionschef Anfang vergangener Woche in einem Interview mit dem Magazin "Focus" mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF-Staatsvertrag. Und er fügte an: "Politiker können in den Gremien ohnehin kaum etwas bewegen."

Fakt ist, dass es 2009 maßgeblich Kauders Parteifreund und damaliger hessischer Ministerpräsident Roland Koch gewesen war, der mit seiner Weigerung im ZDF-Verwaltungsrat, den Vertrag für Chefredakteur Nikolaus Brender zu verlängern, die Klage von Hamburg und Rheinland-Pfalz gegen den Staatsvertrag erst provoziert hat.

Fakt ist aber auch, dass die Entscheidung Karlsruhes, dass zukünftig nur noch ein Drittel der Mitglieder in den Fernsehgremien von "staatsnahen" Personen gestellt werden dürfen, die zuständigen 16 Bundesländer vor einige Probleme stellt. Zunächst vor ein zeitliches: bis Ende Juni 2015 soll ein neuer Staatsvertrag stehen. Dies sei "ungewöhnlich ambitioniert", meinte dazu der Rechtswissenschaftler Christian von Coelln mit kritischem Unterton vor dem Kultur- und Medienausschuss des Bundestages in der vergangenen Woche. Zusammen mit seinem Kollegen Karl-Eberhard Hain informierte von Coelln den Ausschuss über die Folgen des Urteils.

Anti-Versteinerungsprinzip

Auch die Vorgabe des Urteils, dass zukünftig alle relevanten gesellschaftlichen Gruppierungen und auch Minderheiten in den Fernsehgremien vertreten sein sollen, wirft Fragen auf. Gleichzeitig habe die Politik bei deren Beantwortung durchaus Spielräume, meinte von Coelln. Allerdings enthalte die Vorgabe ein Anti-Versteinerungsprinzip, fügte Hain an. Die Gremien müssten häufiger auf ihre Zusammensetzung überprüft werden. Klar sei aber in jedem Fall, dass für die Politik die "Zeit der Erbhöfe" abgelaufen sei, stellten die beiden Rechtswissenschaftler fest.

Beide den Medienpolitikern der Union im Ausschuss stieß dies jedoch nicht auf ungeteilten Beifall. Es müsse doch einen Unterschied zwischen einem Regierungsvertreter und einem frei gewählten Parlamentarier bei der Frage geben, wer staatsnah sei oder nicht. Hain und von Coelln verneinten dies einhellig, das Urteil mache da keinen Unterschied. Letztlich seien auch alle Funktionsträger in den Parteien ab Bezirksebene durch das Urteil gemeint.

In der Ausschusssitzung wurde zudem deutlich, dass das ZDF-Urteil letztlich auch auf die ARD-Rundfunkanstalten zu übertragen ist. Unproblematisch gestaltet sich dies offensichtlich bei der Deutschen Welle, für die nicht die Länder, sondern der Bund verantwortlich zeichnet. So entspreche das Deutsche-Welle-Gesetz bereits jetzt weitestgehend den Anforderungen des Urteils, sagte von Coelln. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) betonte, dass die Politik in jedem Fall ihre Aufsichtspflicht über den Auslandssender behalte. Dieser werde im Gegensatz zu den übrigen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten schließlich nicht aus Rundfunkgebühren, sondern aus Steuergeldern finanziert.