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Geldflüsse neu geregelt

LANDWIRTSCHAFT Direktzahlungen an Bauern werden ab 2015 EU-weit reformiert

07.04.2014
2023-08-30T12:26:12.7200Z
4 Min

Nach langwierigen Verhandlungen auf EU-Ebene steht die Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) vor dem Abschluss. Der Bundestag hat am vergangenen Donnerstag das Direktzahlungen-Durchführungsgesetz (18/908) in erster Lesung debattiert. Das Gesetz soll das System der finanziellen Unterstützung der landwirtschaftlichen Betriebe ab dem Jahr 2015 neu regeln. EU-weit betragen die GAP-Mittel eine Höhe von rund 60 Milliarden Euro. Auf Deutschland entfallen davon fast fünf Milliarden Euro.

Keine Kürzungen

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) verbuchte in seiner ersten Rede im neuen Amt als Agrarminister vor dem Plenum als Erfolg, dass die Reform keine dramatischen Kürzungen für die deutschen Landwirte zur Folge habe. "Wir müssen auf finanzieller Seite den Bauern Stabilität versprechen", erläuterte Schmidt die Intention des Gesetzentwurfs. Die Landwirte würden im Interesse der Gesellschaft Aufgaben erfüllen, die über den Preis ihrer Produkte nicht abgegolten werden. "Verweigern wir den Bauern unsere Unterstützung, gefährden wir die vielfältigen Agrarstrukturen." Alle fast 300.000 Bauernfamilien betreffe die Reform, die von besonderer Bedeutung für die Betriebe sei, weil der Anteil der Direktzahlungen bei rund einem Drittel der erwirtschafteten Einkommen liege. Derzeit betragen die Zahlungen im Durchschnitt 344 Euro pro Hektar. Der Minister betonte, dass mit der Reform 4,5 Prozent der Direktzahlungsmittel als zusätzliche Förderung der ländlichen Entwicklung umgeschichtet wurden. Dadurch stehen insgesamt über eine Milliarde Euro bis zum Jahr 2020 für die nachhaltige Landwirtschaft zur Verfügung, unter anderem für den ökologischen Anbau, den Tier- sowie den Klimaschutz.

Für die Fraktion Die Linke geißelte Kirsten Tackmann (Die Linke) die aus ihrer Sicht falsche EU-Agrarpolitik. Die Förderung der vergangenen Jahre habe zu machtlosen Agrarbetrieben gegenüber "immer größeren Schlachthöfen, Molkereien und Supermärkten" geführt. Die Konsequenz sei, dass es keine sozial fairen und ökologischen Marktbedingungen gebe. Ziel der mit Steuergeldern finanzierten Förderpolitik müsse aber sein, dass öffentliche Fördergelder für öffentlich Leistungen zielgenau ausgegeben werden. Der Allgemeinheit würden diese Investitionen nur dienen, wenn die Mittel Arbeitsplätzen auf dem Land und dem Klimaschutz zugute kommen. Tackmann kritisierte deshalb, dass die Bundesregierung das Vorhaben des EU-Agrarkommissars Dacian Ciolos nicht unterstützt habe, Betriebe mit vielen Arbeitskräften zu unterstützen.

Ute Vogt (SPD) stellte für die Sozialdemokraten klar: "Nach der Reform ist vor der Reform." Die Reform müsse nun kritisch begleitet werden. Gut sei, dass die Junglandwirte gezielt gefördert werden. Diese erhalten eine Zusatzförderung von etwa 44 Euro pro Hektar für maximal fünf Jahre. "Nur jeder dritte Hof hat heute einen Nachfolger", sagte Vogt und wies darauf hin, dass mit dem Gesetzentwurf die bereits Ende Januar eingeführte Umverteilungsprämie (18/282) für die ersten Hektare fortgeführt wird. Agrarbetriebe erhalten dadurch für die ersten 30 Hektar 50 Euro je Hektar mehr und für weitere 16 Hektar 30 Euro je Hektar. Insgesamt stehen für das Jahr 2014 rund 352 Millionen Euro zur Finanzierung der Prämie bereit, die kleine Betriebe dadurch besser stellt.

Im Namen der Länder sprach für den Bundesrat Staatsministerin Ulrike Höfken (Grüne) aus Rheinland-Pfalz. Höfken, die in ihrem Bundesland unter anderem für die Bereiche Umwelt und Landwirtschaft verantwortlich ist, kritisierte, dass die Bundesregierung durch die Gewährung vieler Ausnahmen die umwelt- und tiergerechte Erzeugung aus dem Blick verliere. "Es muss verhindert werden, dass ökologische Vorrangflächen mit Dünger und Pestiziden behandelt werden dürfen", sagte sie. Das würde alle Ziele auf den Kopf stellen.

Die Vorsitzende des Landwirtschaftausschusses Gitta Connemann (CDU) erklärte, dass die EU-Agrarmittel nicht Subventionen, sondern "ein Ausgleich für die Leistungen sind, die die Landwirtschaft erbringen". Kritikern der Reformpläne entgegnete sie, dass den Bauern ursprünglich viel mehr Vorschriften gemacht werden sollten: "Das ist Planwirtschaft vom grünen Tisch." Doch mit dem Regierungsentwurf habe sich am Ende die Vernunft durchgesetzt, denn die Reform bringe den Landwirten mehr Freiheit. Die Unionsabgeordnete hob hervor, dass "es kein Land auf der Welt gibt, wo es so sichere Lebensmittel zu diesen Preisen gibt". Das sei eine Leistung, auf die man stolz sein könne. Connemann äußerte sich froh darüber, dass die Umschichtung der Direktzahlungsmittel als zusätzliche Förderung der ländlichen Entwicklung auf 4,5 Prozent begrenzt wurde, "denn es ist das Geld für die Landwirtschaft".

Zu viele Ausnahmen

Der Auslegung Connemanns widersprach Friedrich Ostendorff (Grüne): "50 Milliarden Euro EU-Subventionen ohne Begründung kann es im 21. Jahrhundert nicht mehr geben." Ostendorff verlangte eine neue Legitimation für die Agrarpolitik. Der vorliegende Reformvorschlag würde diesem Anspruch nicht gerecht. Die Bundesregierung habe zu lange auf der Bremse gestanden, zu viele Ausnahmen bei den Verhandlungen in Brüssel durchgesetzt und alles bürokratischer gemacht. Auch falle die Umschichtung der Fördermittel für Agrarumweltprogramme viel zu gering aus. "Möglich sind 15 Prozent, ändern Sie das", forderte der Grüne. Die Bundesregierung solle sich für mehr "Ökologie, Gerechtigkeit und bäuerliche Landwirtschaft" einsetzen.