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Große Geschlossenheit

GHETTO-RENTEN Gesetz wird deutlich verbessert

12.05.2014
2023-08-30T12:26:14.7200Z
2 Min

Renten für Menschen, die während des Nationalsozialismus in Ghettos arbeiten mussten, sollen grundsätzlich rückwirkend ab 1997 gezahlt werden. Darin sind sich die Fraktionen des Bundestags einig und lobten am vergangenen Freitag einen entsprechenden Gesetzentwurf (18/1308) der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Bislang wurden die so genannten Ghetto-Renten aufgrund einer Rückwirkungsfrist erst ab 2005 gezahlt.

Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) sagte, die Menschen, die in den Ghettos arbeiten mussten, hätten "unsäglich leiden müssen". Die bisherige Regelung sei jedoch als Unrecht empfunden worden.

Zunächst am Ziel vorbei

Peter Weiß, CDU-Innenpolitiker, betonte, als der Bundestag 2002 beschlossen habe, Rentenansprüche für Menschen einzuführen, die in Ghettos gearbeitet hätten, sei das eine richtige Entscheidung gewesen. Darauf, wie das Vorhaben dann umgesetzt worden sei, könne man allerdings "weniger stolz" sein: Die deutschen Rentenversicherungen hätten das Gesetz "so eng" interpretiert, dass 90 Prozent der Anträge abgelehnt worden seien - dies habe nicht der Absicht der Parlamentarier entsprochen. Die "wegweisende Entscheidung" des Bundessozialgerichts von 2009 habe dann das Gesetz in der Praxis gängiger gemacht. Die Besonderheit des deutschen Sozialrechts aber, das Sozialleistungen nur für vier Jahre rückwirkend genehmigt werden könnten, habe dann für neue Probleme gesorgt. Das "subjektive Gerechtigkeitsempfinden" der Betroffenen sei dadurch "massiv gestört" gewesen. Für die SPD sagte Kerstin Griese, sie freue sich über die "große Einmütigkeit", in der der Bundestag über das Thema diskutiere. Das Gesetz müsse nun schnell beschlossen werden.

Polnische Ghettos

Lob gab es auch von der Opposition: Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke, sagte, damit werde eine Ungerechtigkeit "endlich beendet". Dass die Koalition beabsichtige, auch Ghettos zu berücksichtigen, die nicht von den Nationalsozialisten direkt, sondern von ihren Komplizen beaufsichtigt worden seien, sei wichtig. Sie plädierte dafür, auch über die Überlebenden der polnischen Ghettos zu sprechen. Diese hätten bisher keine Renten erhalten, weil komplizierte Regelungen des deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommens dies bislang unmöglich machen.

Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/die Grünen, sagte, man habe es in der Vergangenheit mit einer "skandalösen Verwaltungspraxis" zu tun gehabt, die paradigmatisch gewesen sei für die Praxis des deutschen Entschädigungsrechts. Es sei gut, dass dies nun korrigiert werde. Beck forderte, auch die Hinterbliebenen der verstorbenen rentenberechtigten Ghetto-Arbeiter zu berücksichtigen, die zu Lebenszeit keinen Antrag auf eine Rente gestellt hätten, weil sie keine Aussichten auf Erfolg gesehen hätten.