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Bernd Westphal: Der Gewerkschafter

12.05.2014
2023-08-30T12:26:14.7200Z
3 Min

Wir sind mit der Energiewende jetzt auf dem richtigen Weg", sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Westphal gegen alle Zweifel. Er lobt das Reformvorhaben der Regierung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das vergangene Woche im Bundestag debattiert wurde. Die Verantwortung der "Erneuerbaren", sich in den Strommarkt zu integrieren, werde deutlich gestärkt. Zudem trage das Gesetz einer stärkeren Kosteneffizienz Rechnung, wenn nun die Vergütungssätze für Neuanlagen reduziert würden, sagt Westphal.

Der im Herbst 2013 neu ins Parlament eingezogene 53-Jährige aus Niedersachsen freut sich, dass sein Parteichef, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, in Brüssel so viel an Vergünstigungen für die stromintensive heimische Industrie herausgeholt hat. Die Sicherung der heimischen Arbeitsplätze bei der Energiewende ist für Bernd Westphal zentrales Anliegen, daran lässt der langjährige hauptamtliche Sekretär der IG Bergbau, Chemie, Energie keinen Zweifel.

Und die Bürger, auf die die Stromlasten bisher abgewälzt werden? "Als Sozialdemokrat liegt mir die soziale Balance bei der Energiewende am Herzen", sagt der Abgeordnete. "Das ist bisher nicht erreicht worden und muss sich jetzt ändern." Vor allem geht es Westphal darum, mit der EEG-Reform "handhabbare Regeln" zu entwickeln, "ohne großen Verwaltungswust". Was ist energie- oder wettbewerbsintensiv? Dafür brauche man klare Regeln, die die Firmen nicht mit viel neuer Bürokratie belasten dürften, mahnt er.

Kann die Energiewende eines Tages am Bürgerwiderstand scheitern? Überall kämpfen derzeit Initiativen gegen neue Stromtrassen, gegen Windräder oder Speicherkraftwerke. Westphal gibt sich zurückhaltend: "Um die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung müssen wir intensiv werben. Die Zielkonflikte in der Gesellschaft muss die Politik aufnehmen und ansprechen."

Richtig wütend wird der Praktiker aus der Arbeitswelt, wenn er beim Energiethema ideologische Verbohrtheiten und bloßes Neinsagertum wittert. So beim Thema Fracking, wo Bernd Westphal gegen Proteste der Grünen und Widerständen auch aus der eigenen Partei für Pilotprojekte in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wirbt. In Niedersachsen werde schon seit 50 Jahren "gefrackt", sagt Westphal eindringlich. Mehr als 90 Prozent der deutschen Gasförderung komme aus seinem Heimatland, das wüssten nur zu wenige. Er plädiert dafür, die geplanten Pilotprojekte und die möglichen Risiken des Verfahrens für das Grundwasser durch unabhängige Expertenkommissionen zu begleiten und sich dann ohne Scheuklappen zu entscheiden. Jedenfalls dürfe die massive Reindustrialisierung der USA, wo Fracking im breiten Stil betrieben werde und dies zu wettbewerbsfördernden niedrigen Gaspreisen führe, hierzulande nicht mehr übersehen werden.

Bei der Rohstoffgewinnung müsse alles betrachtet werden, findet Westphal. Deshalb setzt er sich trotz Widerständen auch dafür ein, dass in seinem Wohnort Giesen bei Hildesheim ein stillgelegter Kali-Schacht wieder in Betrieb geht. "Ohne Bergbau läuft gar nichts, gibt es keine Rohstoffe. Kein Handy oder PC funktioniert ohne Bergbau ", sagt der Spross einer alten Bergarbeiterfamilie. Urgroßvater, Großvater, Vater und Bernd Westphal selbst haben alle beim Kali-Bergbau in Giesen gearbeitet. Auf diese Tradition ist der SPD-Abgeordnete stolz und so beendete er eine Bundestagsrede zur Reform des Bundesberg-Gesetzes kürzlich mit einem erfrischenden "Glück auf".

Über den Bundestagseinzug im Herbst 2013, den er als letzter auf der niedersächsischen SPD-Landesliste schaffte, hat sich Bernd Westphal "riesig gefreut". Und ist nun als Mandatsträger an interessanten Themen und Entscheidungen "nah dran", wie er sagt. Westphal gehört wunschgemäß dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie an. Was war für ihn bisher die größte Umstellung nach 20 Jahren Gewerkschafts-Tätigkeit? "Die Arbeit im Bundestag und Wahlkreis ist zeitlich sehr anspruchsvoll", bilanziert der gelernte Chemielaborant nach einem halben Jahr im Parlament. Aber es mache ihm auch viel Spaß. Daheim in Giesen sitzt der SPD-Ortschef auch im Gemeinderat und mischt kräftig in der Kommunalpolitik mit. Entspannung findet der verheiratete dreifache Vater beim Joggen und Radfahren.