Piwik Webtracking Image

REGIERUNG : Karenzzeit für Minister

Koalition legt Eckpunkte für Gesetz vor

13.10.2014
2023-08-30T12:26:20.7200Z
3 Min

Übernimmt ein ehemaliges Regierungsmitglied einen Job in der Privatwirtschaft, sorgt das oft für erregte Debatten und den Ruf nach einer Karenzzeit für solche Spitzenpolitiker. In der vergangenen Woche scheiterte die Opposition im Bundestag mit Vorstößen zur Einführung einer solchen Karenzzeit für ausgeschiedene Regierungsmitglieder. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD lehnte das Parlament entsprechende Anträge der Links- (18/285) und der Grünen-Fraktion (18/292) ab. Zuvor war eine Einigung der Fraktionsspitzen von Union und SPD auf Regeln für Wechsel von der Regierungsbank in die Wirtschaft bekannt geworden, die die Regierung nun in Gesetzesform gießen soll.

Danach sollen Mitglieder des Bundeskabinetts und Parlamentarische Staatssekretäre eine etwaige Wechselabsicht in die Wirtschaft anzeigen müssen und das Bundeskabinett über mögliche Interessenkollisionen entscheiden. „Ein Gremium, vergleichbar der Ethikkommission nach EU-Vorbild“, werde dazu dem Kabinett „einen Entscheidungsvorschlag über das Ob und die Dauer der Karenzzeiten“ unterbreiten, erläuterte der SPD-Abgeordnete Mahmut Özdemir in der Debatte. Wird ein Interessenskonflikt attestiert, solle eine Karenzzeit von zwölf Monaten gelten, bei besonderen Fällen von bis zu 18 Monaten. Innerhalb dieser „Karenzhöchstzeit“ soll die Anzeigepflicht laut Özdemir auch nach dem Ausscheiden aus dem Regierungsamt gelten. Diese Eckpunkte seien eine „fundierte Basis für eine wirksame Regelung“.

Anlässe für eine Diskussion über das Thema Karenzzeit seien „immer gefunden worden“, sagte der CDU-Parlamentarier Helmut Brandt und verwies unter anderem auf die Wechsel von Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) zu Deutschen Bahn, vom früheren Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zur Allianz, vom einstigen Parlamentarischen Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, Matthias Berninger (Grüne), zu einem Süßwarenkonzern und auf die Tätigkeit von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) bei Gazprom. An den Wechsel von Ex-Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) zur Rüstungsindustrie erinnerte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann.

Brandt beklagte, dass dann „einige meist selbst ernannte Transparenzwächter“ feststellten, es bestehe „sozusagen ein Anfangsverdacht, da könnte irgendetwas im Zusammenhang mit der früheren Tätigkeit stehen“. Dass diese „unterschwellige Behauptung immer wieder vorgetragen“ werde, sei „dem Neidkomplex zu verdanken“. Weil „bei solchen Gelegenheiten solche Verdächtigungen immer wieder neu geäußert werden“, habe die Koalition vereinbart, „dass wir das regeln wollen“. Die Frage sei aber, ob eine starre Karenzzeitregelung nicht letztlich einem Berufsverbot gleichkomme und ob eine Karenzzeit, wie von den Grünen vorgeschlagen, drei Jahre betragen könne. Eine solch lange Karenzzeit halte er für unverhältnismäßig. Es könne aber insbesondere dann problematisch sein, wenn der neue Job in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ressort steht, in dem der Politiker tätig war. „Dass dadurch der Anschein erweckt werden kann, dieser Politiker habe sich seine Stelle sozusagen erkauft, liegt auf der Hand“, fügte Brandt hinzu. Dass dieser Anschein erweckt wird, wolle man künftig vermeiden.

»Überfällig« Für Die Linke sagte ihre Abgeordnete Halina Wawzyniak, natürlich entstehe bei einem unmittelbaren Wechsel vom Ministeramt in die Wirtschaft der Eindruck einer Interessenverquickung. Schon dieser Eindruck schade der Demokratie. Da Karenzzeitregelungen die Berufsfreiheit einschränkten, müssten sie aber verhältnismäßig sein. Dazu habe ihre Fraktion den „juristisch saubersten Vorschlag“ gemacht. Danach solle sich die Karenzzeit an der Dauer des Regierungsamtes und dem daraus folgenden Anspruch auf Übergangsgeld sowie der ressortmäßigen Zuständigkeit orientieren: „War jemand sechs Monate Minister, hat er sechs Monate Anspruch auf Übergangsgeld und muss sechs Monate Karenzzeit einhalten, wenn er in einen Job wechseln will, der seiner ressortmäßigen Zuständigkeit entspricht“.

Haßelmann nannte eine gesetzliche Karenzzeit „überfällig“. Schwarz-Rot stehe da bei „auf der Bremse“. Weil es aber so viele Wechsel gebe, die öffentlich thematisiert werden, habe die Koalition nun angekündigt, bald ein Gesetz zu machen, Die Frage sei indes, ob dies noch drei oder fünf Monate dauere oder man dazu „erst auf den nächsten spektakulären Wechsel warten“ müsse.