Piwik Webtracking Image

NSA-AUSSCHUSS : Brisante Einblicke

Bei der Zeugenvernehmung präsentierte sich die Datenschutzbeauftragte des Bundesnachrichtendienstes (BND) recht offen und lieferte interessanten Stoff.

13.10.2014
2023-08-30T12:26:20.7200Z
3 Min

Überraschend freimütig berichtete die Zeugin F. den Abgeordneten des NSA-Untersuchungsausschusses im Bundestag über heikle Interna des Bundesnachrichtendienstes (BND). Nach ihrer Überzeugung, sagte die Datenschutzbeauftragte des Geheimdienstes am vergangenen Donnerstag vor dem Ausschuss, fällt die Satellitenüberwachung ausländischer Datenströme in Bad Aibling unter das BND-Gesetz. Das widerspricht der Auffassung der Amtsspitze mit Präsident Gerhard Schindler, und diese Streitfrage ist keineswegs nur formaler Natur: Gilt für die an den bayerischen Horchposten gesammelten und ausgewerteten Daten das BND-Gesetz, so könnte die Übermittlung solcher Erkenntnisse an ausländische Nachrichtendienste wie etwa die US-amerikanische NSA strengeren Auflagen unterliegen.

Brisante Einblicke Und noch etwas Brisantes enthüllte die Zeugin vor dem zur Durchleuchtung des NSA-Spähskandals eingerichteten Gremium: Einige der rund 25 BND-Datenbanken wurden eingerichtet, ohne dass zuvor das vorgeschriebene Prüfverfahren vollzogen worden war. Solche Informationen stießen im Ausschuss auf großes Interesse. Die Parlamentarier sollen herausfinden, was es mit der massenhaften Ausforschung der Telekommunikationsdaten von deutschen Bürgern, Unternehmen und Politikern durch die NSA und andere ausländische Geheimdienste auf sich hat. Dabei wollen die Abgeordneten auch erhellen, ob und wie hiesige Nachrichtendienste in diesem dunklen Spiel mitgemischt haben.

Umgang mit Daten Der BND darf keine bei der Ausspähung ausländischer Datenströme als „Beifang“ anfallenden Erkenntnisse über sogenannte „Grundrechtsträger“, also über Deutsche, an ausländische Partner weiterleiten. Der Ausschuss will indes nachhaken, ob der BND dieser Anforderung stets nachkommt oder nicht doch rechtswidrig Erkenntnisse über „Grundrechtsträger“ an die NSA übermittelt. Sortieren beispielsweise Filter, die in Bad Aibling eingesetzt werden oder mehrere Jahre an einem Internet-Datenknoten in Frankfurt am Main genutzt wurden, tatsächlich alle Informationen mit Inlandsbezug aus, bevor die NSA von BND-Erkenntnissen profitiert?

Da ist es natürlich spannend zu hören, was die Datenschutzbeauftragte des BND zu erzählen hat. Die Regierungsdirektorin lieferte einigen Stoff für kommende Zeugenbefragungen. Die Satellitenüberwachung in Bad Aibling fällt aus Sicht der Zeugin deshalb unter das BND-Gesetz, weil dies auf deutschem Territorium praktiziert wird. Präsident Schindler vertrete hingegen den Standpunkt, die Datensammlung finde im Ausland statt, weswegen das BND-Gesetz nicht greife. Gehandelt wird an dem bayerischen Standort nach Schindlers Maxime: Ihr Chef sage, berichtete die Zeugin F., „er halte meine Rechtsauffassung für gut, seine sei aber besser“. Sie arbeite beim BND zwar weisungsungebunden, „doch steht es der Leitung frei, ob sie meiner Rechtsauffassung folgt“.

Bayerischer Horchposten Laut den bislang befragten Zeugen werden in Bad Aibling keine Daten von „Grundrechtsträgern“ an die NSA übermittelt, auch finde keine anlasslose Massenspeicherung von Daten statt. „Die Black Box war innen weiß ausgeschlagen, es gab keine Schmutzecke“, verkündete Unions-Obmann Roderich Kiesewetter mit Blick auf Zweifel der Opposition. Gleichwohl will der Ausschuss bei seiner nächsten Sitzung Bad Aibling näher unter die Lupe nehmen: Was bedeutet es, dass sich die Arbeit an dem Horchposten nicht am BND-Gesetz orientiert?

Auch das fehlende Prüfverfahren bei zwei Datenbanken dürfte im Ausschuss noch nicht abgehakt sein. Die Kontrolluntersuchungen werden laut F. derzeit nachgeholt. Zu vermuten sei, dass noch bei zwei weiteren Datenbanken eine solche Kontrolle nicht stattgefunden habe. Diese Versäumnisse seien vor ihrem Amtsantritt als Datenschutzbeauftragte geschehen und „vermutlich auf Unkenntnis zurückzuführen“. In der Abteilung für technische Aufklärung sei das Thema Datenschutz nicht überall „gleichermaßen präsent“. Sie versuche daher, „mit Schulungen aktiv gegenzusteuern“.

Die BND-Vertreterin enttäuschte indes auch manche Erwartung im Ausschuss. So wollte etwa André Hahn (Linke) wissen, wie sie es als Datenschutzbeauftragte beurteile, dass der BND im Ausland einmal zeitweise eine deutsche Hilfsorganisation ausgespäht habe. Eine Antwort blieb aus: Für solche Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis sei sie nicht zuständig, beharrte F. trotz mehrfacher Nachfragen auf ihrem Standpunkt. Sie kümmere sich um die Datenbanken des BND – die im Übrigen so programmiert seien, dass die Bearbeitung aller erfassten Informationen, ob mit Inlands- oder Auslandsbezug, den Auflagen des BND-Gesetzes gerecht werde, beispielsweise bei Speicherfristen.

Schwärzungen Etwas im Schatten dieser Zeugenvernehmung stand der Start des sogenannten Clearingverfahrens im Streit über Aktenschwärzungen. Im Ausschuss wurde Kritik am Umfang der Schwärzungen durch die Regierung laut. Nun wollen beide Seiten prüfen, wie sich dieses Vorgehen auf ein Minimum reduzieren lässt. SPD-Obmann Christian Flisek freute sich, dass die Regierung zugesagt habe, eine Reihe von Schwärzungen zurückzunehmen. Auch Konstantin von Notz (Grüne) begrüßte das Verfahren, warnte aber: „Es darf nicht sein, dass die Abgeordneten dauerhaft als Bittsteller auftreten müssen.“