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Verkehr I : Schrumpfende Einnahmen bei der Lkw-Maut

Nach dem neuen Wegekostengutachten müssen die Gebühren angepasst werden. Experten fordern ein Gesamtkonzept für das Einnahmesystem

13.10.2014
2023-08-30T12:26:21.7200Z
3 Min

Um rund 460 Millionen Euro schrumpfen die Einnahmen aus der Lkw-Maut zwischen 2015 und 2017 gegenüber dem Finanzplan. Dies ist die Folge der neuen Mautsätze, die die Bundesregierung nach dem neuen Wegekostengutachten einführen will. Zu ihrem Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes (18/2444) hörte der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur in einer öffentlichen Anhörung vergangene Woche sieben Sachverständige.

Mit dem Gesetzentwurf reagiert die Bundesregierung zum einen auf ein Wegekostengutachten vom 25. März 2014, nach dem die Mautsätze insbesondere wegen der deutlich niedrigeren Zinssätze gesenkt werden müssen. Zudem soll eine neue günstige Mautkategorie für besonders schadstoffarme Euro-VI-Lkw geschaffen werden. Eingerechnet werden in dem Entwurf andererseits Kosten für die Luftverschmutzung durch den Lkw-Verkehr. Dies prangerte Thomas Hailer, Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums, an. Für die Anlastung von Kosten durch Luftverschmutzung oder Lärmbelästigung bestehe „keine allgemein anerkannte wissenschaftliche Basis und erst Recht kein Konsens“. Er sah es kritisch, dass „die Anlastung der Kosten faktisch zum Ausgleich von Einnahmeausfällen für die Verkehrsinfrastruktur eingeführt“ werden solle: „Dieser Schritt öffnet die Tür zu einer willkürlichen Verteuerung des Straßengütertransports.“ Die geplante Absenkung der Mautsätze begrüßte Hailer ebenso wie die neue günstige Mautkategorie. Zugleich mahnte er eine „stabile direkte und vollständige Zweckbindung der Mauteinnahmen für den Verkehrssektor“ an – und zwar „on top zu den Investitionsmitteln des Bundes“. Neben der Nutzerfinanzierung müsse es immer auch bei der Haushaltsfinanzierung bleiben. Er warnte davor, aus der Lkw-Maut auch „noch den letzten Euro herauszupressen“. Der Logistikstandort Deutschland und die Wettbewerbsfähigkeit der Straßentransportunternehmen dürften nicht geschwächt werden.

„Die Einnahmen der Lkw-Maut sollten strikt für Sanierung und Erhalt zweckgebunden werden“, befand Werner Reh vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die Verwendung des Mautaufkommens auch für den Ausbau der Infrastruktur gebe überdies „ein falsches Signal“ für „jene Politiker, die sich vorzugsweise um neue Spatenstiche und Neubauprojekte kümmern“. Reh sagte, er vermisse in dem Gesetzentwurf „Antworten auf dringende Fragen“ im Zusammenhang mit der Ausweitung der Lkw-Maut auf weitere Straßenkategorien: Welchen Beitrag könne das leisten zur Lösung der Sanierungs- und Unterhaltungsprobleme, der Stau- und Umweltprobleme? Er forderte ein „Maut-Gesamtkonzept der Bundesregierung“.

Durch die Senkung der Mautsätze werde sich „der Trend zur Erhöhung der Transportweiten und der ohnehin stark wachsenden Transitströme weiter verstärken“, erklärte er. Die Probleme der Sanierung der Brücken und des Substanzerhalts des Fernstraßennetzes blieben „in dieser Legislatur ungelöst“. Es müsse aber rasch ein umfassendes Programm der Brückensanierung aufgelegt werden, „um einen ausreichenden Planungsvorlauf zu sichern und eine Sanierung besonders gefährdeter Brücken bis 2020 durchzuführen“.

„Sinnvoll“ sei „eine möglichst rasche Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Straßen“, meinte Reh – zumal gerade die Bundesländer die großen Probleme hätten. Dies wäre auch „ein weiterer Schritt zur Absenkung der bemauteten Gewichte auf 3,5 Tonnen“.

„ProMobilität“ begrüßte den Gesetzentwurf. Die Anpassung der Mautsätze sei „überfällig“, sagte Geschäftsführer Stefan Gerwens. Er nannte es „positiv“, dass der Gesetzentwurf „einheitliche Mautsätze für Autobahnen und mautpflichtige Bundesstraßen vorsieht“. „Gesamtwirtschaftlich“ könnten nach seiner Ansicht „von einer starken Spreizung zwischen verschiedenen Straßenkategorien erhebliche Fehlanreize ausgehen“. Regionen ohne Autobahnanbindung würden „dauerhaft mit höheren Transportkosten belastet“ – der ohnehin bestehende Standortnachteil werde noch „verschärft“. Breiten Raum nahm bei der Anhörung die Berücksichtigung von externen Kosten bei der Mautberechnung ein. Faktoren wie Lärm und Stau zu beziffern sei schwierig, räumten die Experten ein. Das Deutsche Verkehrsforum befand ohnehin, die Anlastung der externen Kosten stimme „nicht mit dem Zweck des Mautsystems“ überein. Bei ihm gehe es um die Infrastrukturkosten. Die ökologische Steuerungsfunktion werde durch die Schadstoffklassen erreicht.

Der BUND bemängelte dagegen, dass allein schon bei den Kosten der Luftreinhaltung wegen EU-Vorgaben „nur ein Bruchteil“ der im Wegekostengutachten ermittelten Summen in die Maut einbezogen werden können. ProMobilität wies darauf hin, dass es bei externen Kosten „weiterhin erhebliche Unterschiede“ in Fragen der Berechnung gebe, Gerwens drängte dabei auch auf „die Gleichbehandlung der Verkehrsträger“. Überdies dürfe es nicht dazu kommen, „dass der Charakter der Maut als Instrument der Infrastrukturfinanzierung in den Hintergrund tritt und die Lenkungswirkung dominiert“. Dies auch deshalb, „weil der Bund nicht nur die Mauthöhe bestimmt, sondern auch das Aufkommen vereinnahmt und darüber hinaus Einfluss auf Maßnahmen zur Vermeidung externer Effekte hat“. Gerwens: Zielkonflikte seien zu erwarten.