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Wohnen : Teures Pauken

Viele Studenten ächzen angesichts mangelnder Wohnheimplätze und hoher Mieten in Hochschulstädten. Die Linksfraktion fordert eine »Wohnheimoffensive für Studierende«…

20.10.2014
2023-08-30T12:26:22.7200Z
4 Min

So viele junge Menschen wie noch nie sind derzeit an einer Hochschule eingeschrieben. Das führt nicht nur zu Enge in den Hörsälen, sondern auch zu knappem Wohnraum in vielen Hochschulstädten. Viele Schulabgänger würden durch hohe Mieten vom Studium abgehalten, beklagt die Fraktion Die Linke und fordert die Bundesregierung in einem Antrag (18/2870) auf, gegen die Wohnungsnot in Hochschulstädten vorgehen. Unter anderem verlangt die Fraktion wesentliche Veränderungen in dem von der Bundesregierung unlängst beschlossenen Gesetzentwurf für eine Mietpreisbremse sowie einen „Neustart des Sozialen Wohnungsbaus“.

Es wird immer mehr zu einer sozialen Frage, ob man in einer Stadt wie München oder Köln oder Frankfurt überhaupt studieren kann“, klagte die Linken-Bildungspolitikerin Nicole Gohlke am Freitag in der Bundestagsdebatte über diesen Antrag. Gohlke verwies auf die letzte Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, derzufolge im Jahr 2012 Studierende in Städten wie Hamburg, Köln und Frankfurt „im Schnitt 350 Euro hinblättern“ müssten für Miete und Nebenkosten. Der Durchschnitt für alle Hochschulstädte liege „immer noch bei stolzen 298 Euro“.

Sie forderte die Bundesregierung auf, die für 2016 geplante Anpassung der Sätze nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) vorzuziehen und die darin enthaltene Wohnkostenkomponente deutlich über die vorgesehenen 250 Euro hinaus zu erhöhen.

Besonders eklatant ist Gohlke zufolge der Mangel an Studentenwohnheimen. Nicht einmal mehr zehn Prozent der Studierenden hätten heute einen Wohnheimplatz. Anfang der Neunziger Jahre habe diese Quote noch bei 15 Prozent gelegen. Die Linke schlägt daher ein Bund-Länder-Programm vor, um innerhalb der nächsten vier Jahre 45.000 neue Wohnheimplätze in Trägerschaft der Studentenwerke fertigzustellen.

Symptome lindern Sylvia Jörrissen (CDU) hielt dem entgegen, die Linksfraktion gehe mit ihrem Antrag ein Problem an, „auf das wir bereits reagieren“. Studien zeigten, dass sich das hohe Mietniveau auf einige Städte konzentriere. Daneben gebe es auch Hochschulstädte mit wenig angespanntem Wohnungsmarkt. Eine flächendeckende Mietpreisbremse, wie die Linksfraktion sie fordere, sei darauf „keine adäquate Antwort“. Stattdessen brauche es zielgerichtete Maßnahmen, wie sie der vor kurzem von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf für eine Mietpreisbremse vorsehe. Diese sei freilich ein Instrument, das „Symptome lindert“. Längerfristig sei der Bau neuer Wohnungen notwendig, weshalb die Koalition Neubauten von der Mietpreisbremse ausnehmen werde. Jörrissen regte an, darüber hinaus über steuerliche Vergünstigungen für den Wohnungsbau in Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt nachzudenken.

Die CDU-Abgeordnete verwies im übrigen darauf, dass die Studierenden-Zahlen zwar laut Statistischem Bundesamt derzeit mit 2,6 Millionen auf einem Höchststand seien. Dies hänge aber mit Sonderfaktoren wie der Abschaffung der Wehrpflicht sowie doppelten Abiturienten-Jahrgängen aufgrund der Einführung des achtjährigen Gymnasiums zusammen. Schon in wenigen Jahren würden die Zahlen wieder zurückgehen.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte Kai Gehring, der Antrag der Linken weise „in die richtige Richtung, auch wenn wir in einzelnen Punkten nicht mitgehen können“. Auch er kritisierte, dass die Bafög-Novelle erst 2016 greifen soll. „Zwölf Semester ohne Bafög-Erhöhung, das geht doch nicht“, sagte Gehring. Er forderte zudem, den Wohnanteil im Bafög dem Mietniveaus am jeweiligen Studienort entsprechend zu staffeln.

Gehring verwies aber auch darauf, dass in einigen Ländern das Problem des Wohnraummangels in Hochschulstädten inzwischen erkannt worden sei. So hätten Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, zwei Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung, die Förderung des Wohnheimbaus ausgeweitet. Den vielfältigen Aktivitäten der Länder stehe jedoch die „Tatenlosigkeit“ der Bundesregierung gegenüber.

Diesen Vorwurf wies Michael Groß (SPD) zurück. Er erinnerte unter anderem an die vor der Verabschiedung stehende Mietpreisbremse, die geplante Bafög-Novelle und das von Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) ins Leben gerufene „Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen“. Allein von der Mietpreisbremse würde ein halbe Million Mieter, darunter auch viele Studenten, profitieren.

Neue Wohnheimplätze Für die von der Linksfraktion geforderte „Wohnheimoffensive für Studierende“ soll der Bund 270 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich zur Verfügung stellen, die zusammen mit Mitteln der Länder für den Bau neuer Wohnheimplätze eingesetzt werden sollen. Außerdem soll der Bund den öffentlichen Wohnheimträgern Immobilien aus seinem eigenen Bestand zu Sonderkonditionen zur Verfügung stellen. Die Linken verlangen darüber hinaus, dass der Bund Länder und Kommunen dabei unterstützt, in Hochschulstädten mit besonders hohen Wohnkosten Übergangslösungen etwa in Form von Wohncontainern zu schaffen.

Einer dieser Vorschläge fand immerhin auch Zustimmung im Lager der Koalition. Der Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak (CDU) regte an, die Bundeshaushaltsordnung so zu ändern, dass Immobilien des Bundes nicht mehr an den Meistbietenden verkauft werden müssen, sondern sie für Zwecke wie dem Studentenwohnheimbau zur Verfügung zu stellen.