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KLIMA : Zoff um Kohle

Opposition fordert Ende fossiler Energieerzeugung. Koalition sieht Versorgungssicherheit in Gefahr

17.11.2014
2023-08-30T12:26:24.7200Z
3 Min

Der Showdown fiel aus. Sowohl Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) als auch ihr Parteivorsitzender, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, blieben der Aktuellen Stunde zur Klimapolitik in der vergangenen Woche fern. Sehr zum Bedauern von Oliver Krischer, dessen Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Thema auf die Tagesordnung gehievt hatte. „Ich hätte mich sehr gefreut, die beiden Minister zum Thema Kohleausstieg zu hören“, sagte der Klimaexperte der Grünen während der Debatte. Kein Wunder, hatten sich doch Hendricks und Gabriel in den vergangenen Tagen öffentlich zum Thema Klimaschutz geäußert und dabei einen parteiinternen Dissens offenbart. Hendricks hatte angemerkt, das für 2020 anvisierte Klimaschutzziel sei für Deutschland nicht zu erreichen, wenn man nicht auch Kohlekraftwerkskapazitäten abbaue. Gabriel hatte mit einem Strategiepapier gekontert, in dem die Rede davon war, dass man nicht zeitgleich aus der Atomenergie und der Kohleverstromung aussteigen könne. Wer das wolle, sorge für explodierende Stromkosten, Versorgungsunsicherheit und die Abwanderung großer Teile der deutschen Industrie.

Vorwurf des »Ökopopulismus« Gabriel habe mal wieder gezeigt, „wo in der SPD der Hammer hängt“, sagte Krischer. Inzwischen sei auch bei Hendricks von einem Kapazitätenabbau keine Rede mehr. Eine Debatte darüber müsse im Bundestag geführt werden, „nicht bei Champagnerempfängen der deutschen Wirtschaft“, befand der Grünen-Abgeordnete und bezog sich dabei auf den Aufritt Gabriels bei einer Preisverleihung der Deutschen Energie Agentur (dena) Anfang vergangener Woche. Dort hatten Aktivisten von Greenpeace während der Rede des Ministers die Bühne geentert und mit Plakaten den Kohleausstieg gefordert. Der Minister hatte ihnen daraufhin „blauäugigen Ökopopulismus“ vorgeworfen.

Zu Unrecht, fand Eva Bulling-Schröter (Die Linke). Schließlich habe der Weltklimarat gerade erst wieder festgestellt, „dass wir aus den fossilen Energien raus müssen“. Gabriel rede jedoch lediglich davon, dass möglicherweise Arbeitsplätze, die Versorgungssicherheit oder gar der Industriestandort Deutschland in Gefahr seien. Zugleich machte sie deutlich, dass niemand – weder die Linksfraktion noch Greenpeace – einen sofortigen Ausstieg aus der Kohle wollten. „Hätten Sie unsere Anträge gelesen, wüssten Sie, dass wir für einen geordneten Ausstieg bis 2040 sind.“ Auch den Linken gehe es um den Schutz von Arbeitsplätzen, stellte Bulling-Schröter klar. Verpasster Umweltschutz koste aber Arbeitsplätze, sagte sie.

Wenig Verständnis für die Argumentation von Bundesminister Gabriel zeigte auch Grünen-Fraktionsvize Krischer. Es mache ihn fassungslos, dass der deutsche Wirtschaftsminister offenbar der Ansicht sei, „dass die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland an Kraftwerken hängt, die zu Zeiten von Ludwig Erhard gebaut worden sind“. Genau diese Kraftwerkkapazitäten gelte es jedoch herauszunehmen. Dies sei „im Interesse der Energiewende und des Atomausstiegs“.

Damit die Energiewende gelingt, sind aus Sicht von Hubertus Heil (SPD) andere Fragen prioritär. „Wir wollen eine saubere, aber auch eine bezahlbare und versorgungssichere Energieerzeugung“, sagte Heil. Dies sei der Unterschied zur Opposition, die den Menschen Sand in die Augen werfe. Es seien sich alle einig, dass fossile Energieträger in der Bedeutung abnehmen würden. Die Koalition wolle das marktwirtschaftlich organisieren, in dem der Emissionshandel gestärkt werde, „damit es die richtigen Preissignale gibt“. Deutschland, so Heil weiter, habe eine doppelte Energiewende zu stemmen. Es steige aus der Atomkraft aus und wolle gleichzeitig die Klimaziele einhalten. „Wir werden die Klimaziele nicht allein über den Strommarkt hinbsekommen“, sagte der SPD-Fraktionsvize. Auch bei der Gebäudesanierung, im Verkehrs- und den Landwirtschaftsbereich müsse mehr getan werden. Der Opposition warf Heil vor, Klischees zu verbreiten. „Zu sagen, die einen sind für die Kohle, die anderen für die Erneuerbaren Energien, ist unterkomplex. Das hat mit der Realität nichts zu tun.“

Die Union ist in jedem Fall dafür, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. „Dieses Ziel gilt. Es muss erreicht werden“, machte der CDU-Klimaexperte Andreas Jung deutlich. Dazu müsse jedoch beim Klimaschutz „eine Schippe draufgelegt werden“, forderte er. Ein guter Beitrag dazu sei das von Umweltministerin Hendricks angekündigte Klimaschutz-Aktionsprogramm. Es soll am 3. Dezember vom Kabinett verabschiedet werden. „Mit dem Programm wollen wir den Schwerpunkt auf Energieeffizienz legen“, betonte Jung. Eingeführt werden solle unter anderen eine steuerliche Förderung für die energetische Gebäudesanierung. „Etwas, das ihre Kollegen im Bundesrat blockiert haben“, sagte der Unionsabgeordnete an die Grünen gewandt.

Auf zwei Milliarden Euro aufgestockt werden solle zudem das CO2-Gebäudesanierungsprogramm. Außerdem sei eine Steuerförderung für Elektrofahrzeuge geplant. „Unterstützen Sie diese Maßnahmen, dann kommen wir weiter“, forderte Jung die Opposition auf.