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AsSE : Evaluierung soll es richten

Im Begleitprozess hakt es. Bundesamt strebt einvernehmliche Lösung für Zwischenlager an

22.12.2014
2023-08-30T12:26:27.7200Z
4 Min

Es herrsche „Eiszeit“ zwischen dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und der Asse-2-Begleitgruppe (A-2-B), titelte jüngst in einem Blog-Beitrag die Antiatominitiative „ausgestrahlt“ über die Beziehung zwischen BfS und A-2-B. Zuletzt hatte es immer wieder öffentliche Auseinandersetzungen, etwa über eine geplante Veranstaltung zur Notfallvorsorge, zwischen BfS und Begleitgruppe gegeben.

Auch während eines öffentlichen Fachgespräches über die Situation in der havarierten Atommüllanlage Asse II im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zeigten sich die Konfliktfelder – zumindest aus Sicht von BfS und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). BfS-Präsident Wolfram König und Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im BMUB, stellten sich den Fragen der Ausschussmitglieder. Vertreter der A-2-B saßen – zum Unmut einzelner Ausschussmitglieder – auf der Besuchertribüne, sie sollen im Januar 2015 vor dem Ausschuss sprechen. Im Kern, so lassen sich die Einlassungen von Schwarzelühr-Sutter und König zusammenfassen, träten die Arbeiten in der Asse in eine neue Phase und so müsse sich auch der Begleitprozess – und die A-2-B – neuen Herausforderungen stellen. Als Lösung setzen König und Schwarzenlühr-Sutter auf eine bereits begonnene Evaluierung des Verfahrens durch eine externe Gutachterin.

Geschichte der Asse Die Asse ist eines der großen Sorgenkinder der deutschen Atompolitik, ein in Salz getriebener Fehlschlag. Zwischen 1964 und 1978 wurde die Schachtanlage des ehemaligen Salzbergwerks nahe der niedersächsischen Stadt Wolfenbüttel als Quasi-Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Abfall genutzt. Laut BfS, das den Betrieb der Anlage erst 2009 übernahm und sich auf Angaben des vorherigen Betreibers beruft, lagern dort mehr als 125.000 Fässer mit den strahlenden Altlasten. Später wurde die Asse als Forschungsstätte genutzt. Wissenschaftler testeten hier zum Beispiel Möglichkeiten, hochradioaktive Abfälle in Salz zu lagern – mit Blick auf den damals favorisierten, knapp 100 Kilometer entfernten Endlagerstandort Gorleben.

Anfang der 1990er kamen Zweifel an der Stabilität der Anlage auf, schließlich zeigte sich: Die Anlage ist überhaupt nicht endlagertauglich. Durch den Druck des Gebirges dringen laut BfS täglich rund 12.000 Liter salzhaltiges Grundwasser ein. Zudem gibt es Probleme mit bereits vorhandener Feuchtigkeit in der Anlage, die auch schon teilweise in Kontakt mit radioaktiven Material gelangt ist. Bis Mitte der 2000er Jahre war die bergmännische Verschließung der Asse die favorisierte Lösung. Proteste der Öffentlichkeit und zunehmende Zweifel an der Redlichkeit des Alt-Betreibers führten schließlich zum Kurswechsel. Die Asse wurde dem Atomrecht unterstellt, der Betreiber ausgewechselt. 2007 schließlich wurde mit dem „Arbeitskreis Optionenvergleich“ ein Gremium etabliert, das alternative Konzepte zur Schließung der Anlage ausarbeiten sollte, zudem gründete sich im Landkreis Wolfenbüttel die Begleitgruppe. Mitglieder sind unter anderem Kommunalpolitiker und Vertreter von Umweltverbänden und -intiativen. 2010 fiel die Entscheidung, dass eine Rückholung der Abfälle aus dem Lager die beste Option sei. Sie soll frühestens 2033 abgeschlossen sein.

Daran wird nun gearbeitet. Aktuell werden laut BfS zwei Lagerkammern erkundet und die darin gelagerten Abfälle untersucht, um Rückschlüsse, etwa über die Strahlenbelastung, für die weiteren Arbeiten zu ziehen. Zudem beginnen die Planungen für die weiteren Schritte – alles unter den kritischen Augen der Öffentlichkeit.

König und Schwarzelühr-Sutter stellten bei dem Fachgespräch beide klar, dass der Beteiligungsprozess sehr wichtig sei. Nicht nur die technischen Herausforderungen, sondern eben auch die Beteiligung der Öffentlichkeit machten das Projekt zu einem „Pilotprojekt“, stellte Schwarzelühr-Sutter klar. Der Betreiber, das BfS, habe die Aufgabe, die komplexen Sachverhalte für Öffentlichkeit und Beteiligte nachvollziehbar aufzuarbeiten. „Transparenz gehört einfach dazu“, betonte die Parlamentarische Staatssekretärin. Die Akteure vor Ort hätten die Aufgabe, Planungen und Entscheidung von BfS und anderer Beteiligten „kritisch zu hinterfragen“. Allerdings habe der Betreiber auch rechtliche Vorgaben umzusetzen, was dazu führe, dass nicht über jeden Dissenzpunkt unbegrenzt diskutiert werden könne. Da künftig „konkrete Entscheidungen“ anstünden, werde der Prozess eher schwerer als leichter, daher sei eine Evaluierung angebracht. Man sei überzeugt, den weiteren Weg konstruktiv miteinander gehen zu können, sagte sie.

Ähnlich argumentierte König. Auch wenn das BfS die „letztendliche Verantwortung“ habe, sei der Anspruch, „möglichst Vieles gemeinsam zu entscheiden“, betonte er. Ein Grundproblem sei, dass sich das Vorhaben über Jahrzehnte hinziehen werde. Dafür brauche es eine Begleitgruppe als „stabilen Partner“, die sich klar in Hinblick auf Rolle und Mandat sein müsse. Es müsse ein Bürgerbeteiligung organisiert werden, die „über Jahrzehnte trägt“ und nicht „persönlichen Einzelinteressen anheimfallen kann“.

Dazu gehöre auch, im Konfliktfall unterschiedliche Auffassungen so zu akzeptieren, dass keine „Handlungsunfähigkeit“ entstehe – dafür existiere derzeit noch kein Mechanismus. König verwies in diesem Kontext auf Drainagemaßnahmen in der Schachtanlage, über die einerseits zwei Jahre lang intensiv mit der Begleitgruppe diskutiert worden sei, zu deren Realisierung er andererseits rechtlich angehalten sei. „Wir müssen parallel umsetzen“, sagte König. Das sei eine andere Situation als etwa in Hinblick auf Planungsprozesse, die erst später umgesetzt werden müssen.

Suchprozess ausgesetzt Letzteres trifft auf das mögliche Zwischenlager für die zu bergenden Abfälle zu. Wolfram König bestätigte, dass das Bundesamt für Strahlenschutz bereits seit Mitte des Jahres den Suchprozess für einen Standort ausgesetzt habe, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Fachlich spräche alles dafür, „grubennah“ ein Zwischenlager zu errichten. Das zeige auch die jüngst vom BfS auf ihrer Webseite veröffentliche Parameterstudie. Da es aber „keine Akzeptanz vor Ort“ gebe, sei die Planung zunächst unterbrochen worden. Zur Klärung der Zwischenlagerfrage sei es zudem auch notwendig, zu wissen, wo die Abfälle danach hinkommen sollen. Es solle keine „Dauereinrichtung“ entstehen. Man brauche einen belastbaren Weg, „der bis zum Ende beschrieben ist“, sagte der Präsident des BfS.