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TERRORISMUS : Wenn Reisen tötet

Die Koalition will das Strafrecht verschärfen

02.03.2015
2023-08-30T12:27:57.7200Z
3 Min

Die Regierungskoalition von Union und SPD will das Terror-Strafrecht weiter verschärfen. Bei der ersten Lesung eines entsprechenden Gesetzentwurfes (18/4087) betonten die Redner der Koalition vergangenen Freitag die Notwendigkeit der geplanten Neuregelung in Hinblick auf Terror-Reisen und -Finanzierung. Oppositionsvertreter zweifelten hingegen an deren Sinn.

Strafrechtverschärfung  Der eingebrachte Entwurf gehört zu einem größeren Antiterror-Paket. Bereits Ende Januar hatte der Bundestag in erster Lesung über ein Gesetzentwurf der Regierungskoalition (18/3831) beraten. Dieser sieht vor, ausreisewilligen Islamisten den Personalausweis zu entziehen. Der aktuelle Gesetzentwurf hat eine Änderung des Strafgesetzbuches zum Ziel: Zum einen soll der „Terror-Tourismus“ unter Strafe gestellt werden, zum anderen die Finanzierung. Die Koalition will die Reise ins Ausland etwa für den Besuch eines Terrorausbildungslagers beziehungsweise den Versuch einer solchen Reise unter Strafe stellen. Auch Personen, die sich einer ausländischen Terrorgruppe anschließen wollen, sollen davon erfasst werden.

Zweiter Schwerpunkt des geplanten Gesetzes ist die Terrorfinanzierung. Dazu will die Koalition im Strafgesetzbuch einen eigenen Straftatbestand schaffen. Die in der bisherigen Regelung vorgesehene Erheblichkeitsschwelle soll künftig entfallen. Der Anwendungsbereich soll im Vergleich zur Altregelung erweitert werden.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) begründete den Gesetzentwurf mit der Gefährdung durch meist junge Männer, die sich islamistischen Terrorgruppen im Ausland anschließen oder ein Terrorcamp absolvieren. „Europa darf nicht zum Exporteur junger Terroristen werden“, sagte Maas. Die Gefahr bestehe nicht nur für die Zielländer, sondern auch für Deutschland, wenn die dann weiter „verrohten“ und „erfahreneren Gewalttäter“ zurückkehrten, betonte der Justizminister. Der Staat sehe sich auch von „verzweifelten Familien, die ihre Söhne nicht an den Terror verlieren wollen“, und muslimischen Gemeinden aufgefordert, zu handeln. Zudem setze der Gesetzentwurf Vorgaben einer Resolution des UN-Sicherheitsrates um. Dort sei eine Strafbarkeit solcher Reisen gefordert. In Bezug auf die Terrorfinanzierung werde mit dem Gesetzentwurf eine Empfehlung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) umgesetzt.

Beweisschwierigkeiten  Die Opposition stellte den Sinn des Gesetzentwurfs dagegen in Frage. Halina Wawzyniak (Die Linke) bescheinigte der Koalition, im Bereich der Rechtsdogmatik, dem „Sinn und Zweck“ des Strafgesetzbuches und dem Unterschied zwischen Straf- und Gefahrenabwehrrecht „Nachholbedarf“ zu haben. Es sei zudem fragwürdig, wie überhaupt die terroristische Absicht einer Reise nachgewiesen werden soll. Die rechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion argumentierte zudem, dass gar keine Strafbarkeitslücke bestehe. Das Strafgesetzbuch enthalte schon entsprechend anwendbare Regelungen. Ähnlich argumentierte auch Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen). Er sah es ebenfalls als nicht erwiesen an, dass eine Strafbarkeitslücke bestehe. Hinzu kämen Beweisschwierigkeiten und eine unklare Formulierung der Tatbestände sowohl in der Reiseregelung als auch bei der Finanzierung. „Das ist mit dem Grundgesetz und der Rechts- und Strafrechtsdogmatik nicht in Einklang zu bringen“, urteilte Ströbele.

Die Beweisschwierigkeiten sahen Vertreter der Regierungskoalition nicht. Johannes Fechner (SPD) verwies darauf, dass es sich bei ausreisewilligen Islamisten in der Regel um sehr „mitteilungsbedürftige“ Personen handle, die ihr Umfeld über ihre Absichten informierten. Ansgar Heveling (CDU) betonte, dass es an den Strafverfolgungsbehörden liege, entsprechende Indizien, die auf eine terroristische Absicht hindeuten, vorzulegen. Dies sei nicht ungewöhnlich im Strafrecht. Alexander Hoffmann (CSU) widersprach der Opposition in Hinblick auf die Strafbarkeitslücke. So könne die reine Reise zum Beispiel aktuell nicht als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung belangt werden.

Heveling und Hoffmann machten zudem deutlich, dass für die Unionsfraktion die bisher eingebrachten Maßnahmen nur ein erster Schritt seien. Insbesondere die sogenannte Sympathiewerbung für Terrorgruppen sollte nach Ansicht der beiden Unionsabgeordneten unter Strafe gestellt werden. Dies sei in Anbetracht der Bedeutung, die zum Beispiel Aktivitäten in Sozialen Netzwerken bei der Rekrutierung von Dschihadisten spielten, angezeigt. Der Straftatbestand der Sympathiewerbung war 2002 von Rot-Grün abgeschafft worden. Nach Ansicht von SPD-Mann Fechner soll es dabei auch bleiben. Die alte Vorschrift sei nicht effektiv gewesen und habe kaum zu Verurteilungen geführt, argumentierte er.

Hoffmann brachte zudem zum Ende der Debatte die Speicherung von Verbindungsdaten ins Spiel. Auch dieses Thema wird noch weiter für Diskussionen in der Koalition und im Bundestag sorgen.