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AKTUELLE STUNDE : Streit über die Nähe zu verbündeten Geheimdiensten

Opposition verlangt härtere Gangart der Bundesregierung gegenüber US-Diensten

11.05.2015
2023-08-30T12:28:02.7200Z
3 Min

Zumindest Peter Altmaier (CDU) war gekommen. Der Kanzleramtsminister war das einzige Kabinettsmitglied, das vergangene Woche im Bundestag auf der Regierungsbank Platz nahm, als die Aktuelle Stunde zur Kooperation zwischen dem Bundesnachrichtendienst (BND) und dem US-Geheimdienst NSA aufgerufen wurde. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD hatten sie beantragt. Unter dem Titel "Notwendigkeit und Grenzen der internationalen Zusammenarbeit" sollte sich das Plenum mit den jüngsten Enthüllungen über die Geheimdienste befassen.

Das Thema fiel damit in Altmaiers Geschäftsbereich - schließlich untersteht der BND dem Kanzleramt. Seine Kabinettskollegen ließen sich von ihren Parlamentarischen Staatssekretären vertreten. Der Stuhl von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) blieb auch leer. Die Opposition nutzte die Gelegenheit für scharfe Kritik an der Regierungschefin. Jan Korte (Die Linke) warf der Kanzlerin "Abgehobenheit und Arroganz" vor. Er erinnerte an zwei Kleine Anfragen, die er im April dieses und im August vergangenen Jahres an die Bundesregierung gestellt und in denen er sich explizit nach Erkenntnissen über Wirtschaftsspionage durch die NSA erkundigt habe. Es sei ihm jeweils mitgeteilt worden, dass darüber keine Erkenntnisse vorlägen. Diese Darstellung wurde durch die Enthüllungen der vergangenen Wochen in Zweifel gezogen. "Das ist dem Parlament gegenüber unwürdig", befand Korte.

Anhaltende Terrorgefahr Die Unionsabgeordneten nahmen die Regierung hingegen in Schutz. So betonte Thomas Strobl (CDU), dass die Zusammenarbeit zwischen den Diensten gut und richtig sei. Er erinnerte an die sogenannte Sauerlandgruppe, eine Zelle der Islamistischen Jihad-Union, die 2007 einen Anschlag in Deutschland geplant hatte. Deren "infernalischer Plan" sei durch einen "entscheidenden Hinweis der amerikanischen Sicherheitsbehörden" verhindert worden.

Zudem verwies Strobl auf die in der vergangenen Woche bekannt gewordenen Anschlagspläne eines Paares in Hessen. "Die Bedrohungslage dauert an", stellte der CDU-Politiker fest. Deshalb habe die enge Zusammenarbeit mit den US- Diensten weiter ihre Berechtigung.

Dem wollte Hans-Christian Ströbele nicht widersprechen. Im aktuellen Fall gehe es aber nicht um die Verhinderung von Terrorismus, sagte der Grünen-Politiker, der Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) ist. "Das sieht man daran, dass die Selektoren vom BND aussortiert wurden", argumentierte Ströbele, der damit auf den Umstand verwies, dass der BND über die Jahre eigenen Angaben zufolge rund 40.000 Selektoren, also Suchanfragen, die die NSA an den deutschen Dienst gestellt hatte, nicht verwendete, da sie mutmaßlich gegen deutsches Recht verstoßen hätten.

Ströbele, warf der Regierung vor, "Rechtsbrüche nicht nur geduldet oder übersehen, sondern gefördert" zu haben und forderte Konsequenzen.

Liste mit Selektoren Christian Flisek, Obmann der SPD-Fraktion im NSA-Untersuchungsausschuss, wandte ein. "Wir sind ein Aufklärungsgremium, kein Rücktrittsforderungsgremium." Die Arbeit des Ausschusses habe gezeigt, dass die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste "im Allgemeinen" funktioniere, es aber auch Versäumnisse gegeben habe. Flisek forderte, die Bundesregierung solle dem Ausschuss die Liste der von der NSA angeforderten Selektoren vorlegen. Davon müssten notfalls "auch unsere amerikanischen Freunde" überzeugt werden. Eine Forderung, die auch Abgeordnete anderer Fraktionen erhoben.

Der für die Überzeugungsarbeit in den USA zuständige Minister Altmaier saß nur einige Meter von den Rednern entfernt und hörte sich die gut einstündige Debatte vollständig an. Dann ging er.