Piwik Webtracking Image

DOPING : Harte Strafen

Die Bundesregierung macht Druck: Dopende Leistungssportler müssen künftig mit Haftstrafen rechnen. Die Opposition hat Bedenken und fordert verstärkte Prävention

26.05.2015
2023-11-10T16:39:06.3600Z
4 Min

Die Zeit, da das Selbstdoping für Leistungssportler strafrechtlich nicht relevant war, geht offenbar ihrem Ende entgegen. Dann jedenfalls, wenn die entsprechenden Passagen des von der Bundesregierung vorgelegten Anti-Doping-Gesetzes (18/4898) auch nach den anstehenden Ausschussberatungen Bestand haben. Laut dem Entwurf wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft, wer "ein Dopingmittel oder eine Dopingmethode bei sich anwendet oder anwenden lässt". Während der ersten Lesung vergangenen Freitag waren die Befürworter eines harten Vorgehens in Sachen Dopingbekämpfung deutlich in der Mehrzahl. Sämtliche Redner der Koalition unterstützen den von Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) vorgelegten Entwurf. Neben der strafrechtlichen Verfolgung des Selbstdopings ist darin auch die Schaffung einer uneingeschränkten Besitzstrafbarkeit von Dopingmitteln und eine gesetzliche Legitimation der Sportgerichte vorgesehen.

Kritik an der Vorlage gab es von der Opposition. Mit dem Entwurf werde lediglich die Axt an die Symptome angelegt, statt die Ursachen des Dopings konsequent und nachhaltig zu beseitigen, kritisierte Özcan Mutlu (Grüne). Die Linksfraktion unterstütze die Zielrichtung des Entwurfes, sagte Andre Hahn. Zugleich forderte er mehr Anstrengungen im Bereich der Prävention und äußerte Bedenken hinsichtlich der vorgesehenen "uneingeschränkten Besitzstrafbarkeit". Im Interesse der Wahrung der Integrität des Sports müsse auch das Strafrecht Anwendung finden, urteilte hingegen Reinhard Grindel (CDU). Dagmar Freitag (SPD) betonte, die gesetzliche Regelung sei richtig, weil es der organisierte Sport nicht geschafft habe, mit seinen eigenen Mitteln "den Dopingsumpf zu bekämpfen".

Innenminister de Maiziere betonte, nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass der Spitzensport in Deutschland zu einem erheblichen Teil mit Steuergeldern gefördert werde, müsse streng gegen Betrug vorgegangen werden. Das Anti-Doping-Gesetz sei dabei ein erster Schritt, dem Regelungen zum Kampf gegen Spielmanipulationen folgen würden.

Noch vor der Sommerpause, so kündigte der Minister an, werde die Bundesregierung "neue Formulierungen für Vorschriften zum Kampf gegen Spielmanipulationen vorlegen". Justizminister Maas sprach von einem neuen Kapitel im Kampf gegen Doping. Leistungssportler, die dopen, seien künftig "nicht nur lässliche Sünder, sondern Straftäter". Die Regelungen zum Selbstdoping nannte er ein "zentrales Element des Gesetzes".

Bei Cannabis gescheitert Nicht zielführend und nicht stimmig sei der Entwurf, befand hingegen Özcan Mutlu. Doping, sagte der Grünen-Abgeordnete, sei Folge eines gigantischen Leistungs- und Erfolgsdrucks im Sport. Der Bundesinnenminister verstärke diesen Druck noch, indem er die Leistungssportförderung künftig mehr als bislang auf Medaillen und Erfolg ausrichten wolle. "Das passt nicht zusammen", urteilte Mutlu. Er kritisierte überdies die Besitzstrafbarkeit, die auch kleine Mengen umfasse. Der Ansatz sei schon bei Cannabis gescheitert. "Warum also sollte es bei Doping funktionieren", fragte er. Hahn sagte, er teile die Bedenken einiger Sportler hinsichtlich der uneingeschränkten Besitzstrafbarkeit. Dabei nahm er Bezug auf Äußerungen von Diskus-Olympiasieger Robert Harting, der darauf hingewiesen habe, dass ein Sportler mit dem Asthmaspray in der Tasche, das er für seine Ehefrau aus der Apotheke geholt habe, mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen müsse. "Wir plädieren dafür, nur den Besitz nichtgeringer Mengen unter Strafe zu stellen", sagte der Linken-Abgeordnete. Grundsätzlich begrüße er aber, dass im Regierungsentwurf viele Anregungen aus einem Antrag seiner Fraktion umgesetzt worden seien.

Die Einwendungen Hartings gegen die Besitzstrafbarkeit griffen nicht, urteilte hingegen Grindel. Das Gesetz setze schließlich für eine Strafverfolgung die Absicht voraus, das Dopingmittel anzuwenden, um sich im Wettkampf Vorteile zu verschaffen. Den Grünen warf der Unionsabgeordnete vor, den Ansatz des Gesetzes nicht verstanden zu haben. "Es geht nicht um Freizeitsportler, denn die bedrohen nicht die Integrität des Sports", sagte er. Zugleich wies er Bedenken zurück, das Gesetz schwäche die Sportgerichtsbarkeit. Das Gegenteil sei der Fall, meinte Grindel. "Das Gesetz schafft für Schiedsgerichtsvereinbarungen eine klare rechtliche Grundlage."

Erbitterter Widerstand Auf ein deutsches Anti-Doping-Gesetz hätten viele lange gewartet, sagte die SPD-Abgeordnete Freitag. "Viele versuchen es aber auch bis heute zu verhindern", fügte sie hinzu. Dies geschehe mit "fadenscheinigen und teils auch absurden Argumenten", urteilte Freitag und verwies in diesem Zusammenhang auf das "mittlerweile zu einer Berühmtheit gewordene Asthmaspray".

Dem erbitterten Widerstand des organisierten Sports stünden aber auch viele Befürworter der Regelung, auch aus den Kreisen der Sportler, gegenüber. "Das sind Sportler, die sich offensichtlich keine Sorgen um bestimmte Grenzwerte machen, weil sie es wohl nicht müssen", sagte die Sozialdemokratin.

Was die von der Opposition aufgeworfene Frage der Prävention angeht, machte sie deutlich, dass Spitzenathleten selbst dafür verantwortlich seien, zu welchen Mitteln sie greifen. "Heutzutage weiß jeder Spitzensportler und auch jeder Breitensportler durch unzählige Informations- und Präventionsmaßnahmen, das Doping Betrug ist und zu schwersten gesundheitlichen Schäden führen kann."