Piwik Webtracking Image

Dänemark : Kopf-an-Kopf-Rennen

Das Thema Einwanderung dominiert den Wahlkampf

15.06.2015
2023-08-30T12:28:03.7200Z
3 Min

Am Ende könnte ihre Rechnung wider Erwarten doch aufgehen. Obwohl die meisten Umfragen lange eine klare Mehrheit für die bürgerliche Opposition vorausgesehen haben, stehen im Endspurt die Chancen für die Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt gut, auch nach dem Sommer dänische Ministerpräsidentin zu bleiben.

Vor der Wahl am 18. Juni sind aktuell beide Blöcke in etwa gleichauf. So überraschend ist das nicht, denn vor allem was die Politik der großen Parteien angeht, fällt es schwer, wirklich einen Unterschied zu finden.

Ganz oben auf der Agenda steht einmal mehr das Thema Einwanderung und da sind sich Sozialdemokraten wie Konservative und Rechte einig: weniger ist besser.

"Kommst Du nach Dänemark, musst Du arbeiten," - so plakatieren die Sozialdemokraten seit Monaten und sprechen damit anscheinend jene an, die ohnehin nicht wählen dürfen, nämlich die Migranten. Doch es geht darum klarzumachen, dass die Politiker wie die Bevölkerung Einwanderer vor allem als Belastung und nicht als Ressource sehen, die arbeiten und damit zum Wohlergehen aller beitragen darf. Als Thorning-Schmidt im Fernsehduell auf den Gegenkandidaten und früheren Ministerpräsidenten Lars Løkke-Rasmussen von der konservativ-liberalen Venstre traf, brüstete sie sich damit, die Asylpolitik strikter gestaltet zu haben. Rasmussen kündigte unterdessen an, weiterzugehen. So sollensollen die Lebensbedingungen für Asylbewerber in Dänemark verschlechtert werden, um das Land weniger attraktiv zu machen. Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DF) war es, die vor etlichen Jahren diesen Wettlauf der strikteren Einwanderung gestartet hatte und sie ist damit doppelt erfolgreich. Nicht nur haben sich die beiden traditionellen großen Parteien programmatisch angepasst, sondern die DF würde mit 17 Prozent der Stimmen drittgrößte Fraktion werden - nach den Sozialdemokraten (26 Prozent) und Venstre (20 Prozent). Joker des linken und linksliberalen Flügels ist die neue Partei "Die Alternative" des Ex-Kultusministers Uffe Elbæk, die gerade so die Drei-Prozent-Hürde überspringen und damit Thorning-Schmidt eine zweite Amtszeit sichern könnte. Auf der Agenda hat diese die sozial-ökologische Erneuerung. So soll die 30-Stunden-Woche eingeführt und in Dänemark ab 2040 nur noch ökologische Lebensmittel verkauft werden. Sollte die Partei es ins Parlament schaffen, wird sie Thorning-Schmidt stützen. In Dänemark haben Minderheitsregierungen Tradition, derzeit reagiert die sozialliberale Radikale Venstre, zu der Elbæk gehörte und die auch die Partei der neuen dänischen EU-Kommissarin Margrethe Vestager ist, gemeinsam mit den Sozialdemokraten, gestützt in erster Linie auf die Linkspartei SF. Der Vorsitzende der Sozialliberalen, Außenminister Martin Lidegaard, hat sich gegen härtere Asylregeln ausgesprochen. "Ich hoffe wirklich nicht, dass die zweite Hälfte des Wahlkampfes sich zu einem Wettlauf darüber entwickelt, wer am meisten auf den Menschen herumtrampeln kann, die auf der Flucht sind", sagte er dem Fernsehsender TV2News. Venstre und Sozialdemokraten setzen sich für den Wohlfahrtsstaat ein, sind sich aber im Umfang uneinig. Während die amtierende Regierungschefin vor allem auf den starken Staat setzt, möchte Venstre vermehrt auch private Anbieter, etwa im Krankenhausbereich setzen.

Die Konservativen, der traditionelle Partner von Venstre, sind für eine Abschaffung des Spitzensteuersatzes sowie einen höheren Freibetrag, um so für eine generelle Steuererleichterung zu sorgen. Ähnlich lesen sich Teile des Programms der besonders liberalen Liberale Alliance. Allerdings ist die Dänische Volkspartei, die traditionell Venstre stützt, gegen eine solche Steuerpolitik, stattdessen möchte DF den Wohlfahrtsstaat stärker ausbauen als die Sozialdemokraten. Sollte die Opposition am 18. Juni eine Parlamentsmehrheit bekommen, wird es ohne drastische Kompromisse nicht gehen.

Der Autor ist freier Nordeuropa-Korrespondent.