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ERNEUERBARE ENERGIEN : Gewinner und Verlierer III

Wind, Sonne und Kraft-Wärme-Kopplung. Wie in Deutschland die Techniken genutzt werden

27.07.2015
2023-08-30T12:28:06.7200Z
3 Min

Für die Windmüller, also die Betreiber von Windkraftanlagen, läuft es in Deutschland derzeit prächtig - noch. "Wir jammern natürlich nicht über die derzeitige Ausbaugeschwindigkeit", sagt der Sprecher des Bundesverbands Windenergie (BWE), Wolfram Axthelm. Genaue Zahlen über den Neubau von Anlagen im ersten Halbjahr werden erst Ende Juli vorgestellt, aber die Branche rechnet mit etwa 4.500 Megawatt an neuer Kapazität in diesem Jahr, nur knapp weniger als im Rekordjahr 2014. Eine hohe Ausbaugeschwindigkeit: Damit liegt die Windkraft an Land deutlich über dem Korridor aus dem EEG von rund 2.500 Megawatt pro Jahr. Der Beitrag der Onshore-Windkraft zur Stromerzeugung ist im ersten Halbjahr auch wegen einiger extrem windiger Sturmtiefs auf rund 14 Prozent gestiegen, rund ein Drittel mehr als im Vorjahr.

Der »Fukushima-Effekt« Die Windkraft an Land liefert fast die Hälfte des erneuerbaren Stromangebots in Deutschland und ist damit das Rückgrat der Energiewende. Profitiert hat sie unter anderem von den stabilen Rahmenbedingungen bei der Förderung. Weil die Windkraft lange Jahre viel billiger war als Sonnenstrom und kaum für die Preissteigerungen für die Verbraucher verantwortlich gemacht werden konnte, sind die Förderkürzungen moderat ausgefallen. Zusätzlichen Auftrieb gab der "Fukushima-Effekt", wie es in der Branche heißt: Nach dem Reaktorunglück in Japan 2011 wollten viele Landesregierungen ihren Beitrag zur Energiewende leisten und gaben neue Flächen frei. Nicht nur wie gewohnt in Norddeutschland, wo die Windkraft als Einnahmequelle und Jobmotor von der Landbevölkerung weitgehend akzeptiert ist, sondern auch in südlicheren Ländern, etwa Hessen und Rheinland-Pfalz. Sogar in Bayern wurden zwischenzeitlich zahlreiche Genehmigungen erteilt, allerdings wird der Ausbau nach dem derzeitigen Stand dort wegen harscher Abstandsauflagen in Zukunft fast zum Erliegen kommen.

Für Olav Hohmeyer, Professor für Energiewirtschaft an der Universität Flensburg, bleibt die Windkraft an Land der "wichtigste Baustein der erneuerbaren Energieerzeugung". Allerdings plagen auch die verwöhnten Windmüller Sorgen, wie Wolfram Axthelm betont. Die Zahlungen aus dem EEG sinken Anfang 2016 wegen des hohen Zubaus stärker. Was die Branche jedoch mehr umtreibt: Die Förderung von neuen Anlagen soll ab 2017 auf Drängen der EU-Kommission nicht mehr über eine feste Vergütung erfolgen, sondern auktioniert werden. Grob gesagt gilt dann das Prinzip: Wer am billigsten anbietet, erhält den Zuschlag. Axthelm warnt vor einem "Verlust der Akteursvielfalt", denn für Bürgerenergieparks, die bislang mehr als die Hälfte aller Projekte auf den Weg bringen, wird es schwieriger werden, zum Zug zu kommen. Die Ausschreibungsbedingungen und die Unsicherheit, ob man am Ende überhaupt den Zuschlag erhält, bevorzugen große Investoren. Das Wirtschaftsministerium arbeitet derzeit an den Details der neuen Pläne, und eine Ausnahmeregelung für kleine Windparks wird diskutiert.

Nervosität bei Investoren Der Systemwechsel bedeutet allerdings auch für die großen Investoren Unsicherheit. Anders als zum Beispiel bei der Solarenergie sind die Vorlaufzeiten für Windkraft-Projekte lang - und derzeit sieht es so aus, als ob erst im Laufe des Jahres 2016 Klarheit über die Förderung 2017 besteht. "Der Markt könnte einen Stopp hinlegen", fürchtet Axthelm.

Auch einige andere diskutierte Regeln machen die Windmüller nervös. So ist zum Beispiel geplant, dass Windanlagen ab sechs Stunden negativer Strompreise im Großhandel kein Geld mehr bekommen. Das ist im Augenblick so gut wie ausgeschlossen - aber mit dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien könnte es häufig der Fall sein. Investoren, die über mehr als ein Jahrzehnt die Rendite kalkulieren müssen, mögen solche Unsicherheiten überhaupt nicht.