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CO2-Markt : Lieblingsinstrument der Ökonomen

Die EU hat das erste internationale Handelssystem mit Verschmutzungsrechten geschaffen

27.07.2015
2023-08-30T12:28:06.7200Z
3 Min

Das Kyoto-Protokoll von 1997 hat erstmals die Senkung von Treibhausgasen vorgeschrieben: In der Folge haben sich die EU-Staaten 2003 auf den Handel von Verschmutzungsrechten geeinigt, der dann 2005 aufgenommen worden ist. Das System ist heute das größte seiner Art und bezieht alle 28 EU-Staaten sowie Liechtenstein, Island und Norwegen ein. "Die Europäische Union hat bewiesen, dass ein internationaler CO2-Markt funktionieren kann", resümiert der Ökonom Joachim Weimann von der Universität Magdeburg.

Beim Klimaschutz besteht ein grundsätzliches Problem: Bürger und Unternehmer haben keinen Anreiz, Emissionen zu vermeiden, weil sie den Schaden nicht unmittelbar tragen. Insgesamt werden zu viele Treibhausgase ausgestoßen, was allen schadet. Ökonomen sprechen davon, dass der Markt nicht zum besten Ergebnis führt. Als Korrektiv kommt der Emissionshandel ins Spiel. Wer bei der Produktion von Gütern oder Strom Emissionen verursacht, muss für diese ein Verschmutzungsrecht erwerben. Da die Gesamtheit der Verschmutzungsrechte schrittweise sinkt, ist gesichert, dass sich die Emissionen im Laufe der Zeit tatsächlich verringern. Wie stark die Emissionen tatsächlich zurückgehen, wird von der Politik entschieden.

Weil die Zertifikate handelbar sind, stellt der Markt sicher, dass die Emissionen dort gesenkt werden, wo es am wenigsten kostet. Unternehmen haben die Wahl, Emissionsrechte zu kaufen oder durch Investitionen die Emissionen zu senken. Sie werden sich immer für die kostengünstigere Version entscheiden, was den Emissionshandel aus Sicht von Ökonomen so attraktiv macht.

Dir Wirtschaft hat immer wieder die Belastung durch den Emissionshandel beklagt und gedroht aus Europa abzuwandern. Branchen, bei denen ein "erhebliches Risiko" der Abwanderung besteht, bekommen seit 2013 alle benötigten Zertifikate kostenlos zugeteilt. Mitgliedstaaten können auch einen finanziellen Ausgleich für Branchen beschließen, die die Kosten des Emissionshandels indirekt über höhere Strompreise zu spüren bekommen.

Während der Wirtschaftskrise ist der Preis von EU-Emissionsrechten zeitweise unter drei Euro gefallen, aktuell hat er sich bei 7,50 Euro je ausgestoßene Tonne Kohlendioxid eingependelt. Viele Experten plädieren für einen Mindestpreis, wie ihn Großbritannien und die Niederlande bereits eingeführt haben. Das Öko-Institut hat im Auftrag der Umweltorganisation WWF beispielsweise errechnet, dass ein Mindestpreis von 40 Euro pro Tonne Treibhausgasemission in Deutschland, Dänemark, Frankreich und den Niederlanden zu einem wesentlich saubereren Strommix in Europa führen würde. Allerdings ist der Mindestpreis durchaus umstritten. In Großbritannien argumentieren Umweltschützer, dass es sich dabei vor allem um eine Einnahmequelle für das Finanzministerium handelt, das die Differenz kassiert. Die Auswirkung auf Emissionen sei gering, so die Umweltschützer. Unternehmen kritisieren, dass sie gegenüber der Konkurrenz in anderen europäischen Ländern benachteiligt würden.

Das Problem des Minimum-Preises in Großbritannien ist, dass er jederzeit wieder abgeschafft werden könnte. Unternehmen haben also keinerlei Sicherheit, ob sich eine Investition in umweltfreundliche Technologie überhaupt lohnen würde. Doug Parr von Greenpeace sagt über den Mindestpreis, er "drückt die Energierechnungen nach oben ohne einen wirklichen Gewinn für die Umwelt".

Klimaschutzexperte Georg Zachmann vom Brüsseler Thinktank Bruegel warnt sogar, dass der britische Mindestpreis den europäischen Emissionshandel aushebeln könnte. Denn der Preis, der über dem Marktpreis liegt, macht Investitionen attraktiver, um Emissionen zu vermeiden. In der Folge sinkt die Nachfrage nach Emissionsrechten in Großbritannien. Die Zertifikate, die dort nicht verkauft werden, kommen anderswo in der EU auf den Markt und senken den Preis. Folgen weitere Länder dem britischen Beispiel, sinkt der Preis weiter. "Der Emissionshandel würde wirkungslos werden, weil die nationale Politik ihn für wirkungslos hält", prognostiziert Zachmann. "Das wäre der klassische Fall einer sich selbst erfüllenden Vorhersage."

Trotz aller Zweifel hat sich der Emissionshandel politisch schon durchgesetzt. Mittlerweile gibt es ihn in 40 Ländern und in 20 Regionen, und er deckt ungefähr ein Viertel aller ausgestoßenen Treibhausgase ab. Auch wenn ein Land wie Australien wieder einen Rückzieher gemacht hat, werden etwa die chinesischen Pläne den Emissionshandel weiter stärken. In China existieren derzeit sieben regionale Pilotprojekte. Im kommenden Jahr will China den Emissionshandel landesweit einführen.

Steuern auf Emissionen sind lange als Alternative zum Emissionshandel gesehen worden. Experten der Weltbank halten die Konkurrenz für beendet. "Emissionshandel und eine Steuer auf Emissionen werden mehr und mehr ergänzend zueinander eingesetzt", beobachten die Ökonomen der Weltbank und verweisen auf Frankreich und Portugal, die Steuern in bestimmten Bereichen einsetzen, in denen der Emissionshandel nicht greift.