Piwik Webtracking Image

BILDUNG UND FORSCHUNG : Mehr Geld für Universitäten und Bildungschancen

Die Ausgaben steigen erneut. Ministerin Wanka mahnt, die Potenziale der Flüchtlinge zu nutzen

14.09.2015
2023-08-30T12:28:08.7200Z
3 Min

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) kann sich freuen: Erneut steigt der Etat des Haushaltes für Bildung und Forschung, und zwar um immerhin sieben Prozent. Für das Jahr 2016 sind nach derzeitigem Stand 16,4 Milliarden Euro eingeplant. Wenig überraschend also, dass sich Bundesregierung und Vertreter der Koalitionsfraktionen vor allem zufrieden präsentierten und eine richtige Prioritätensetzung lobten, als der Bundestag in der vergangenen Woche den Haushalt beriet. Dagegen bemängelte die Opposition einen ineffizienten Einsatz der Mittel. So betonte Roland Claus (Die Linke), dass steigende Ausgaben allein nichts über tatsächlich erreichte Ergebnisse und die Effektivität des Mitteleinsatzes aussagen würden. "Gemessen werden die Bienen nicht an ihren Flugkilometern, sondern an dem Honig, den sie nach Hause tragen", so Claus.

Bildungsgerechtigkeit Wanka betonte hingegen, dass "Bildung und Forschung für die Bundesregierung weiter Priorität haben". Einen Schwerpunkt legte die Ministerin auf das Thema Bildungsgerechtigkeit: "Wir sind ein reiches Land und Bildungschancen sind Lebenschancen. Diese Lebenschancen brauchen wir für die Einheimischen und die Zuwanderer." In den kommenden Jahren sollten Alphabetisierungsprogramme verstärkt dafür sorgen, dass Erwachsene lesen und schreiben lernen. Ein Viertel der Zuwanderer, die nach Deutschland kämen, seien zwischen 18 und 25 alt, sagte Wanka in Bezug auf die aktuelle Flüchtlingsdebatte, die auch an den Beratungen ihres Haushaltes nicht vorbeiging. Man müsse nun dafür sorgen, ausreichend Deutschkurse und Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten zu können. Wanka rief dazu auf, das Können der Asylbewerber wert zu schätzen und dementsprechend schnell auch deren Potenziale zu nutzen.

Wettbewerbsfähigkeit Die höchsten Ausgaben sieht der Bildungsetat für die Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschafts- und Innovationssystems vor. Die Bundesregierung will dafür rund 6,53 Milliarden Euro ausgeben, was eine Erhöhung um mehr als eine halbe Milliarde Euro gegenüber 2015 bedeutet. Um die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems zu sichern, führt das Bundesministerium für Bildung und Forschung die drei mit den Länden beschlossenen Pakte fort. Schwerpunkt ist der Hochschulpakt 2020, für den im Haushalt 2016 rund 2,5 Milliarden Euro vorgesehen sind. Der zweite große Posten ist für die Projektförderung für Forschung und Innovation veranschlagt. Der Etat steigt nach dem Entwurf von 5,42 Milliarden Euro auf 5,64 Milliarden Euro. Im Bildungswesen und in der Nachwuchsförderung, dem dritten großen Posten, steigen die Ausgaben von 4,12 Milliarden Euro auf 4,27 Milliarden Euro im Jahr 2016. Zudem übernimmt der Bund von den Ländern die vollständige Zahlung der Bafög-Leistungen.

Roland Claus warf Wanka vor, sie zeichne ein zu optimistisches Bild der Bildungslandschaft in Deutschland. Als "gravierendes Problem" bezeichnete er die befristeten Arbeitsverträge im akademischen Bereich. Bei den unter 30-Jährigen liege der Anteil der Zeitverträge bei 80 Prozent der Beschäftigten, bei den unter 35-Jährigen bei 70 Prozent und bei den unter 40-Jährigen immer noch bei 60 Prozent. Zudem hätte die Hälfte der befristeten Verträge eine Laufzeit von unter einem Jahr, so Claus.

Kooperationsverbot Hubertus Heil (SPD) verteidigte die Haushaltsplanung. Es gebe einen Konsens in der Koalition, dass man sich unter anderem auf Bildungsgerechtigkeit konzentrieren wolle. Alle Menschen müssten "unabhängig von sozialer Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht oder religiösem Hintergrund die Chance zu einem selbstbestimmten Leben haben", sagte Heil. Angesichts der aktuellen Aufgabe, Flüchtlinge durch Bildung zu integrieren, müsse der Bund schnell handeln. Dem seien aber "durch künstliche, auch verfassungsrechtliche Grenzen an der einen oder anderen Stelle die Hände gebunden". Das Kooperationsverbot erschwere "neue gemeinsame Kraftanstrengung zum Ausbau von Ganztagesschulen in diesem Land", kritisierte Heil.

Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) würdigte die Steigerung des Etats, warnte aber, dies sei "noch lange kein Grund, sich auszuruhen". Als Beispiel für Verschwendung nannte sie die Verdopplung der Mittel für den Rückbau kerntechnischer Forschungsanlagen auf 328 Millionen Euro und Defizite bei der Projektmittelüberwachung. "Wir haben keinen einzigen Cent, um ihn auf die Straße zu werfen, aber genau das machen Sie hier", klagte sie.

Albert Rupprecht (CSU) erinnerte daran, dass Deutschland bei der Regierungsübernahme von Kanzlerin Merkel "als der kranke Mann in Europa" gegolten habe. "Wir sind zehn Jahre später eines der innovativsten und begehrtesten Länder dieser Welt, wir erleben es bei den Flüchtlingen, mit allen Schwierigkeiten und Herausforderungen, wir erleben es aber auch bei den Studierenden, die zu uns kommen". Ihre Zahl sei so hoch wie noch nie. Auch für Wissenschaftler werde Deutschland immer attraktiver. "Das ist ein tolles Ergebnis und darauf können wir auch stolz sein", resümierte Rupprecht.