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KRANKENHAUS-REFORM : Dickschiff auf neuem Kurs

Mehr Qualität und eine stärkere Spezialisierung geplant

09.11.2015
2023-08-30T12:28:11.7200Z
3 Min

Nach monatelangem Tauziehen und erbittertem Widerstand von Klinikbetreibern, Ärzten und Pflegern hat der Bundestag die umstrittene Krankenhausreform beschlossen. Das Krankenhausstrukturgesetz (18/5372; 18/6586) soll ab 2016 mehr Behandlungsqualität und Versorgungssicherheit bringen. Nach harscher Expertenkritik war die Finanzausstattung der Häuser zuletzt noch deutlich aufgebessert worden.

Qualität ist künftig das zentrale Kriterium für Krankenhäuser. Auch die Krankenhausvergütung wird sich daran orientieren. So werden Zuschläge gewährt für gute Qualität, Abschläge drohen bei Qualitätsmängeln. Die Qualitätsberichte der Kliniken sollen für Patienten zugänglicher und verständlicher werden. Auch die Pflege in den Kliniken soll sich verbessern. Aufgelegt wird ein Förderprogramm für Pflegestellen im Volumen von insgesamt bis zu 660 Millionen Euro in den Jahren 2016 bis 2018. Ab 2019 sollen dauerhaft 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stehen. Auf diese Weise werden mehr als 6.000 neue Stellen geschaffen, die nur der ,,Pflege am Bett" dienen.

Als Ersatz für den wegfallenden Versorgungszuschlag wird ein Pflegezuschlag in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr gewährt, der dazu dienen soll, mehr Pflegepersonal einzustellen. Außerdem ist ein Ausgleich für steigende Lohnkosten infolge von Tarifanpassungen vorgesehen. Das Hygieneförderprogramm wird ausgebaut, sodass mehr Hygienefachkräfte eingestellt und ausgebildet werden können. Zudem wird die Notfallversorgung der Kliniken gestärkt.

Um den für die Krankenhausplanung und Investitionen zuständigen Bundesländern mehr Mittel an die Hand zu geben, wird ein Strukturfonds in Höhe von 500 Millionen Euro aufgelegt, gespeist aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Die Länder sollen einen Beitrag in gleicher Höhe beisteuern. Die Kliniken sollen sich künftig stärker spezialisieren, einige Häuser werden womöglich für andere Aufgaben umgewidmet oder geschlossen. Das Ziel ist eine gleichmäßigere Versorgung in der Fläche.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) versprach vergangene Woche in der Schlussdebatte, Gewinner der Reform seien die Patienten, die unter anderem von der Stärkung der Pflege auf den Stationen profitierten. Die Länder würden mit den Mitteln aus dem Strukturfonds dazu ermutigt, Überkapazitäten abzubauen und Häuser umzubauen. Gröhe lobte die Zusammenarbeit mit den Bundesländern und versicherte, diese hätten sich zu angemessenen Investitionen in die Krankenhäuser bekannt. "Da werden wir sie beim Wort nehmen", fügte der Minister hinzu.

Investitionsstau Die Opposition hält die Reform für völlig unzureichend, vor allem was den Pflegenotstand betrifft und den Investitionsrückstau, der von den Ländern verursacht ist. Harald Weinberg (Linke) beklagte, der Pflegenotstand werde nicht gelöst, da nach Expertenschätzungen 70.000 bis 100.000 Stellen fehlten. Harald Terpe (Grüne) begründete die Ablehnung seiner Fraktion unter anderem mit der ungelösten Investitionsfrage. Mit dem Gesetz werde kein Schritt zur Lösung der Investitionsfinanzierung getan. Das sei ein schweres Versäumnis.

Union und SPD wiesen die Vorhaltungen zurück und erinnerten an die jüngst erzielten Verbesserungen. Hilde Mattheis (SPD) sagte, zehn Milliarden Euro mehr zur Finanzierung der Kliniken seien "nicht banal". Sie fügte hinzu, die zuletzt beschlossenen Reformen seien insgesamt "ein unglaublicher Schritt zu mehr Versorgungssicherheit". Lothar Riebsamen (CDU) räumte ein, dass die Investitionsfinanzierung eine "offene Flanke" sei. Daher appelliere er an die Länder, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Er sagte: "Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt, die Länder haben das noch nicht im notwendigen Umfang getan." Alternative Anträge der Linken (18/5369) und der Grünen (18/5381) zur Entwicklung der Krankenhäuser fanden keine Mehrheit.