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sICHERHEIT : Bundestag verlängert Antiterror-Befugnisse

Nachrichtendienste können weiter Auskünfte zu Flug-, Bank- und Kommunikationsdaten einholen

09.11.2015
2023-08-30T12:28:11.7200Z
3 Min

Deutsche Nachrichtendienste können zur Terrorismusbekämpfung auch in den kommenden fünf Jahren Auskünfte bei Luftfahrtunternehmen, Kreditinstituten und Telekommunikationsdiensten einholen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Verlängerung der Befristung von Vorschriften nach den Terrorismusbekämpfungsgesetzen" (18/5924) verabschiedete der Bundestag vergangene Woche gegen die Stimmen der Opposition in modifizierter Fassung (18/6579). Danach sollen Vorschriften nach den Terrorismusbekämpfungsgesetzen, die hauptsächlich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 eingeführt wurden, um weitere fünf Jahre in Kraft sein.

Der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer verwies in der Debatte darauf, dass die nachrichtendienstlichen Auskunftsbefugnisse gegenüber Reiseunternehmen, Fluggesellschaften, Kreditinstituten und Telekommunikationsdienstleister derzeit bis zum 10. Januar 2016 befristet sind. Eine Evaluierung im Zeitraum von November 2013 bis 2014 habe gezeigt, dass "in sehr maßvoller, in sehr verantwortungsvoller Weise von diesen Auskunftsmöglichkeiten für die Nachrichtendienste Gebrauch gemacht wurde". Insgesamt sei es in diesem Zeitraum zu 72 Auskunftsersuchen gekommen. Dies zeige, "dass hier keine massenhafte Totalüberwachung des deutschen Volkes stattfindet". Zugleich habe in einem Fall aufgrund der erteilten Auskunft ein Täter der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation überführt werden können. Der Evaluierungsbericht zeige klar, dass sich das Gesetz bewährt habe.

Für Die Linke kritisierte dagegen ihre Parlamentarierin Ulla Jelpke, es seien "tiefe Einschnitte in die Grundrechte", den Geheimdiensten zu erlauben, "Konten zu überwachen, Kommunikationsdaten einzusehen, Reisebewegungen zu beobachten und erfassen und vieles mehr". Bei der Einführung dieser Gesetze im Jahr 2002 sei noch gesagt worden, dass "alles nur vorübergehend sei". Heute sehe man, dass sie regelmäßig verlängert würden, "ohne dass ihr praktischer Nutzen für die Terrorbekämpfung tatsächlich nachgewiesen wurde". Das Bundesinnenministerium habe den inhaltlichen und zeitlichen Rahmen für die Evaluierung "so eng angesetzt, dass eine wirkliche, sorgfältige Prüfung des Themas verhindert wurde". Ihre Fraktion habe "erhebliche Zweifel" am Nutzen der Antiterrorgesetze und fordere deren Abschaffung dieser Gesetze.

Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic monierte, die Evaluierung der Terrorismusbekämpfungsgesetze sei "hart am Thema vorbei" erfolgt. Es sei überhaupt nicht ermittelt worden, ob die zusätzlichen Befugnisse der Geheimdienste in nur einem einzigen Fall dazu beigetragen haben, Anschläge zu verhindern. Ohne einen klaren Beweis für den Erfolg der Terrorismusbekämpfungsgesetze sei das Parlament überhaupt nicht in der Lage, die Verhältnismäßigkeit dieser Befugnisse festzustellen. Gleichwohl wolle die Koalition die Befugnisse "ganz nebenbei" noch ausweiten, indem nach ihrem Willen auch die Nachrichtendienste Grundbücher einsehen können sollen, ohne der betreffenden Person darüber Auskunft zu erteilen.

Der SPD-Abgeordnete Uli Grötsch betonte demgegenüber, die Sicherheitsbehörden brauchten auch weiterhin die bisherigen Befugnisse. Schließlich habe sich die Gefährdungslage hinsichtlich terroristischer Bedrohung nicht entspannt. Zu diesem Gesetz gebe es keine Alternative. Es sehe auch vor, dass künftig nicht nur Strafverfolgungsbehörden, sondern auch Nachrichtendienste verdeckt in Grundbücher und Grundakten schauen könnten, um etwa herauszufinden, "wem das Grundstück gehört, auf dem sich beispielsweise regelmäßig rechte Vereinigungen oder islamistische Vereinigung treffen". Dabei sei es richtig, dass dem Eigentümer die Grundbucheinsicht für bestimmte Zeit nicht mitgeteilt werden dürfe, um Ermittlungen nicht zu gefährden.