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GESUNDHEIT : Experten streiten über Cannabis

21.03.2016
2023-08-30T12:29:58.7200Z
2 Min

Die von den Grünen geforderte staatlich kontrollierte Abgabe von Cannabis sorgt unter Gesundheits- und Rechtsexperten weiter für Streit. Anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses vergangene Woche begrüßten Juristen und Elternvertreter auch in ihren schriftlichen Stellungnahmen den von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Entwurf (18/4204) für ein Cannabiskontrollgesetz und argumentierten, durch das Verbot der Droge würden nur der Schwarzmarkt und die Beschaffungskriminalität gefördert sowie Konsumenten ungerechtfertigt kriminalisiert. Psychiater und Mediziner warnen hingegen vor einer voreiligen Freigabe der Droge und erinnerten an die erheblichen gesundheitlichen Risiken vor allem für junge Leute, die mit dem Konsum von Cannabis einhergehen. Befürchtet wird, die Droge könnte sich in Deutschland weiter ausbreiten. Auch sogenannte Koabhängigkeiten mit Alkohol und Nikotin werden mit Sorge gesehen.

In einer Resolution an den Bundestag haben sich 123 Strafrechtsprofessoren bereits vor einiger Zeit für eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) stark gemacht mit dem Ziel, Cannabis aus der Illegalität zu holen. Die Strafrechtsexperten argumentieren, die Prohibition und repressive Drogenpolitik sei gescheitert. Sie führe zu einer Kriminalisierung von Bürgern, die ein normales Leben lebten und verursache immense Kosten unter anderem für die Strafverfolgung. Die Neue Richtervereinigung (NRV), ein Zusammenschluss von Richtern und Staatsanwälten, hat sich der Resolution angeschlossen. Die NRV erinnerte daran, dass pro Jahr mehr als 50.000 Angeklagte nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt werden, die meisten im Zusammenhang mit Cannabis. Der NRV-Vertreter bezifferte in der Anhörung die jährlichen Gesamtkosten für die Drogenrepression von Bund und Ländern mit 3,7 bis 4,6 Milliarden Euro. Das Kernproblem seien die ,,völlig absurden Strafrahmen".

Der Bundesverband der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit schilderte, wie hilflos Eltern sind, wenn Kinder plötzlich Drogen nehmen und noch dazu kriminalisiert werden. Die Prohibition könne nie gesondert von den sozialen Begleiterscheinungen gesehen werden. Der Deutsche Hanfverband (DHV) merkte an, fragwürdig sei auch, Alkohol in Supermärkten zu verkaufen sowie die Werbung für Alkohol und Zigaretten. Nach Ansicht des Strafrechtsexperten Jörn Patzak würde mit der Freigabe die Nachfrage nach Cannabis unter Jugendlichen steigen. Auch sei es ein Trugschluss zu glauben, der Schwarzmarkt würde eingedämmt. Er schlug aber vor, eine geringe Menge einheitlich zu definieren und klarzustellen, dass bis zu diesem Wert ein Verfahren in der Regel nicht nur eingestellt werden kann, sondern einzustellen ist. Dies könne den Konsumenten Rechtssicherheit geben.