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Aufgekehrt : Spaßbremse vom Bosporus

04.04.2016
2023-08-30T12:29:58.7200Z
1 Min

Es gibt gelassene Menschen. Und es gibt Recep Tayyip Erdogan, Präsident und oberster Humorkritiker der Türkei. Erdogan ist offenbar kein Fan der NDR-Satiresendung "extra 3". Dort hatte man jüngst auf die Zeilen von Nenas Hit "Irgendwie, irgendwo, irgendwann" Reime und Videoschnipsel zusammengetragen, um Erdogans eher autoritäre Sicht auf Demokratie und bürgerliche Freiheiten zu illustrieren. Kritisch, keine Frage, aber die Kollegen kamen ganz ohne Hitler-Vergleich aus. Also eher untere Eskalationsstufe.

Das sah man in der Türkei ein wenig anders. Wie ein russischer Bomber drang das Video dort in den Luftraum der regierenden Eitelkeiten ein. Der deutsche Botschafter wurde einbestellt. Laut Medienberichten wurde gar ein Verbot des Clips gefordert. Viel dringt über solche Unterredungen leider nicht nach außen, aber vielleicht bot die türkische Seite sogar an, die "extra 3"-Redaktion zu besetzen. Erfahrungen damit hat man ja vor Ort. Vorstellbar ist es, denn die Gedanken sind ja bekanntlich frei, was nicht über jeden türkischen Journalisten gesagt werden kann.

Dabei spricht eigentlich vieles dafür, dass Erdogan eine recht lustige Type ist, auch wenn er häufig dreinblickt wie eine personifizierte Spaßbremse. Der Mann hat immerhin den Gaddafi-Preis für Menschenrechte bekommen, das internationale Äquivalent zum "Orden wider den tierischen Ernst". Sein größter Witz aber geht so: Islamisten in Syrien unterstützen, Kurden wegbomben, Journalisten einsperren und Demonstranten verprügeln lassen - und gleichzeitig über einen Beitritt zur EU verhandeln. Realsatire pur. Sören Christian Reimer