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netzneutralität : Gleichberechtigung im Internet

Opposition kritisiert EU-Kompromiss und fordert nationales Handeln

18.04.2016
2023-08-30T12:30:00.7200Z
2 Min

Halina Wawzyniak macht sich Sorgen. "Es steht nicht gut um die Netzneutralität in Europa", sagte die netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion vor dem Plenum des Bundestags vergangenen Donnerstag. Grund für ihren Pessimismus ist der im Oktober 2015 vom EU-Parlament gebilligte Kompromiss zur Telekommunikationsbinnenmarktverordnung. Die Verordnung erlaube Telekommunikationsunternehmen, "bestimmte Angebote vom Prinzip der Netzneutralität auszunehmen und sie als priorisierte Dienste auf Überholspuren auszulagern", beklagte sie. Dies lässt sich aus ihrer Sicht aber noch verhindern. Schließlich enthalte die Verordnung auch Bestimmungen, die ein solches Szenario, "nämlich das eines Zweiklasseninternets", ausschließen können. Dazu müsse allerdings der deutsche Gesetzgeber aktiv werden, wie aus einem der Debatte zugrunde liegenden Antrag der Linksfraktion (18/6876) hervorgeht. Es müssten klare Vorgaben getroffen werden, "um Maßnahmen des Verkehrsmanagements und der Priorisierung von Diensten zu begrenzen und das Prinzip der Netzneutralität zu wahren", heißt es in der Vorlage.

Mit ihrem Ansinnen trifft die Linksfraktion auf Unterstützung durch die Grünen, wie sich im Verlauf der Debatte zeigte. Netzneutralität sei die Schlüsselfrage der digitalen Welt, sagte Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen). "Im Kern geht es um die Frage, ob wir alle gleichberechtigt ins Internet kommen oder ob es vom Portemonnaie abhängt, ob und wie man ins Internet kommt", machte er deutlich. Der Koalition warf er vor, zwar immer wieder versprochen zu haben, dass die Netzneutralität gesetzlich abgesichert wird. Aber: "Sie haben keine nationale Regelung vorgelegt und haben zugesehen, wie ein schlechter Kompromiss auf EU-Ebene verhandelt wurde."

Keine Rolle rückwärts Union und SPD erkannten jedoch keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. "Es ist eine große Leistung, dass EU-Kommission und EU-Parlament nun endlich eine europaweite Verordnung zur Netzneutralität auf den Weg gebracht haben", sagte Andreas G. Lämmel (CDU). Als nationaler Gesetzgeber die Verordnung, "die sowieso gilt", wieder in Gesetze umzusetzen, sei eine Rolle rückwärts, urteilte er. Klaus Barthel (SPD) fügte hinzu, der Gesetzgeber sei in diesem Fall die EU. Jetzt sei es Aufgabe von Behörden - wie etwa in Deutschland der Bundesnetzagentur - die entsprechenden Bestimmungen umzusetzen, sagte Barthel und wies somit den zuvor von Halina Wawzyniak gemachten Vorschlag, der deutsche Gesetzgeber solle die Rolle der Bundesnetzagentur übernehmen, zurück.

Lämmel und Barthel stellten sich auch der Ansicht entgegen, die Netzneutralität habe eine Schlüsselrolle inne. "Wenn der sich am Horizont abzeichnende neue 5G-Standard im Bereich der mobilen Telekommunikation Einzug hält, wird das Thema Netzneutralität nicht mehr die Rolle spielen wie heute", sagte Lämmel. Nicht die Netzneutralität, sondern die Kapazität sei die Schlüsselfrage, sagte SPD-Mann Barthel. "Bei einer tausendfachen Kapazität, bei der wir bei Glasfaser reden, stellt sich die Frage der Neutralität ganz anders", befand er. Konstantin von Notz brachte Kapazität und Netzneutralität in einen Zusammenhang. Würde man die Netzneutralität gesetzlich festschreiben, würden die Anbieter gezwungen, ausreichende Kapazitäten zu schaffen, sagte der Grünen-Abgeordnete.