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Kein Vetorecht mehr für Ethik-Kommissionen

17.05.2016
2023-08-30T12:30:01.7200Z
2 Min

ARZNEIMITTEL Der Entwurf eines vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (18/8034) verbirgt hinter einem nichtssagenden Titel brisante Details. Formal geht es im Wesentlichen um die Umsetzung einer EU-Verordnung (Nr. 536/2014) zur Genehmigung, Durchführung und Überwachung klinischer Arzneimittelstudien. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht dazu Anpassungen im Arzneimittelgesetz (AMG) vor. Wie eine Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses vergangene Woche gezeigt hat, bietet die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes viel Zündstoff. So wehren sich Ärzte und Medizinethiker vehement gegen eine geplante Verfahrensänderung, wonach Ethik-Kommissionen nicht mehr das letzte Wort haben sollen, wenn es um die Zulassung der Studien geht.

Die Bundesärztekammer (BÄK) wies darauf hin, dass die zuständige Bundesoberbehörde (BOB) die Stellungnahme der Ethik-Kommission dem Entwurf zufolge nur noch ,,maßgeblich zu berücksichtigen" habe. Bisher ist die Zustimmung der nach Landesrecht gebildeten Ethik-Kommissionen zwingende Voraussetzung für die Genehmigung einer klinischen Prüfung. Nun werde die Möglichkeit eröffnet, dass sich die Behörde über die Stellungnahme der Ethik-Kommission hinwegsetzen könne. Zwar sei bei einer abweichenden Stellungnahme eine Begründungspflicht für die Behörde vorgesehen. "Dadurch wird aber das eigentliche Problem, dass im Einzelfall eine Arzneimittelstudie trotz negativer Bewertung durch die Ethik-Kommission durchgeführt werden kann, nicht gelöst", monierte die BÄK.

Ein Sprecher des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen in Deutschland sagte in der Anhörung, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Regierung eine jahrelange Erfolgsgeschichte infrage stelle. Seit 2004 seien zwei Prozent der Anträge auf klinische Prüfungen von Ethik-Kommissionen abgelehnt worden. 95 Prozent der Anträge seien zum Schutz der Versuchspersonen nur mit erheblichen Veränderungen genehmigt worden, was die Leistungsfähigkeit der jetzigen Regelung unterstreiche. Drei Prozent der Anträge seien ohne jede Veränderung durchgegangen. Es gebe keinen Anlass, das System zu ändern. Andernfalls wären auch berufsrechtliche Konflikte für Ärzte absehbar, wenn die Ethik-Kommission eine Studie ablehne, die Behörde sie aber zulasse.

Bundesrat Auch der Bundesrat macht sich dafür stark, es bei der jetzigen Regelung zu belassen. Die Bundesregierung bleibt jedoch bei ihrer Haltung, wie aus einer Unterrichtung (18/8333) hervorgeht. Die EU-Verordnung sehe nur vor, dass eine Ethik-Kommission in das Genehmigungsverfahren einbezogen werde, überlasse Art und Umfang aber den Mitgliedstaaten. Die Formulierung "maßgeblich" bedeute, dass die Stellungnahme "ausschlaggebend und richtungweisend" für die Entscheidung der Behörde sei. Dies bewirke, dass die Behörde "grundsätzlich der Stellungnahme der Ethik-Kommission zu folgen hat". Nur in eng begrenzten Fällen bestehe die Möglichkeit, sich über die Stellungnahme der Ethik-Kommission hinwegzusetzen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Bewertung der Ethik-Kommission offensichtlich gegen die Grundsätze der Wissenschaftlichkeit verstoße. Solche Fälle seien bislang nicht bekannt geworden.