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gesundheit ii : Expertenstreit über Pflegeausbildung

Sorgen vor einem Verlust an Spezialwissen in der Kinder- und Altenpflege

06.06.2016
2023-08-30T12:30:02.7200Z
2 Min

Gesundheitsexperten streiten heftig über die von der Bundesregierung geplante einheitliche Ausbildung in den Pflegeberufen. Bei einer gemeinsamen öffentlichen Anhörung von Gesundheits- und Familienausschuss in der vergangenen Woche hielten sich Befürworter und Gegner der generalistischen Berufsausbildung gegenseitig vor, die Chancen und Risiken der Novelle zu verkennen. Einig waren sich die Fachleute, dass ein Pflegeberufegesetz dazu beitragen könnte, die von ungünstigen Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen geprägte Pflegebranche insgesamt aufzuwerten und somit den vielfach beklagten Pflegenotstand perspektivisch zu entschärfen. Auch das in dem Gesetzentwurf (18/7823) vorgesehene Pflegestudium sowie der Wegfall des teilweise noch erhobenen Schulgeldes wird begrüßt.

Jedoch fürchten manche Experten mit der Generalisierung vor allem in der Kinderkrankenpflege einen Verlust an Fachkompetenz. Zudem könnten Absolventen der schlecht bezahlten Altenpflege den Rücken kehren und sich in Kliniken anstellen lassen. Andere Experten loben gerade die geplante interdisziplinäre Ausbildung, weil in den Krankenhäusern immer mehr alte Patienten gepflegt werden müssen und in den Pflegeheimen oft sehr kranke Bewohner. Nach Angaben der Bundesregierung entsteht mit der Reform der größte Ausbildungsberuf in Deutschland mit mehr als 133.000 Auszubildenden. Die generalistische Ausbildung soll einen Wechsel zwischen den Berufszweigen Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege erleichtern. Viele Fachverbände halten eine fundierte Bewertung der Novelle jedoch für unmöglich, solange die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, die noch erarbeitet wird, nicht vorliegt. So erklärte die Bundesärztekammer (BÄK), erst wenn die Verordnung vorgelegt werde, könne geprüft werden, ob die zukünftigen Pflegekräfte besser auf die wachsenden Anforderungen vorbereitet würden. Das Gesetzgebungsverfahren sollte einstweilen ausgesetzt werden. Der Arbeitgeberverband BDA warnte davor, die Verordnungen im Schnellverfahren zu erzwingen. Eine BDA-Sprecherin sagte in der Anhörung, Spezialwissen sei in der Pflege zwingend geboten. Es sei ein großer Unterschied, ein Frühchen oder einen dementen Patienten zu versorgen. Zudem könnte eine "Superkönner"-Ausbildung manche Schüler überfordern. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) befürwortete die Novelle, merkte jedoch an, dass die Ausbildung auch gerontologisches, geriatrisches, pädiatrisches und gerontopsychiatrisches Fachwissen vermitteln müsse. Dies spiegle sich im Entwurf nicht wider. Linke und Grüne plädieren für eine integrierte Ausbildung, die neben dem einheitlichen Pflegewissen eine Spezialisierung ermöglicht. Inzwischen macht sich in der Union Skepsis breit. Laut "Handelsblatt" denkt Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) über Änderungen nach.