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MENSCHENHANDEL : Freiern drohen Haftstrafen

EU-Richtlinie soll mit dreijähriger Verspätung in nationales Recht umgesetzt werden

06.06.2016
2023-08-30T12:30:02.7200Z
2 Min

Zwei Drittel aller registrierten Fälle von Menschenhandel erfolgen mit dem Ziel der Zwangsprostitution. Insofern passte es, dass der Bundestag beide Themenkomplexe am vergangenen Donnerstag nacheinander debattierte. Eigentlich hätte die EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels schon bis April 2013 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Doch ein damals mit schwarz-gelber Mehrheit im Bundestag beschlossener Gesetzentwurf scheiterte an der rot-rot-grünen Mehrheit im Bundesrat. Nach der Bundestagswahl mussten CDU/CSU und SPD erst mal zusammenfinden. Am Ende stand der Gesetzentwurf (18/4613), der nun in Erster Lesung beraten wurde. Doch noch bevor dieser auf dem Weg über den Bundesrat im Bundestag angekommen war, hatte schon die Arbeit an einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen begonnen. Dieser wurde zwar noch gar nicht formal eingebracht, stand aber bereits im Mittelpunkt der Debatte.

Der Gesetzentwurf selbst beschränkt sich im Wesentlichen darauf, neben den bestehenden Straftatbeständen des Menschenhandels zum Zweck der Arbeitsausbeutung und der sexuellen Ausbeutung auch Täter zu erfassen, die Menschen einschleusen, um sie zu strafbaren Handlungen oder zum Betteln zu zwingen oder um ihnen Organe zu entnehmen. Der Änderungsantrag, erläuterte Justiz-Staatssekretär Christian Lange (SPD), schlage zudem neue Straftatbestände der Ausbeutung der Arbeitskraft und der Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung sowie eine Regelung zur Strafbarkeit der Kunden von Zwangsprostituierten vor. Ziel sei es, nicht nur gegen die Menschenhändler selbst vorzugehen, sondern auch gegen diejenigen, die eine Zwangslage der Opfer ausnutzen, sagte Lange.

In der Debatte bemängelten Ulla Jelpke (Linke) und Katja Keul (Grüne) insbesondere fehlende Regelungen zum Schutz der Opfer von Menschenhandel. Der Gesetzentwurf sei, auch mit den geplanten Änderungen, eine "peinliche Schmalspurlösung", sagte Jelpke. Keul äußerte zudem Bedenken gegen die vorgesehene Straflosigkeit für Freier, die bei der Aufklärung von Zwangsprostitution helfen.

Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) begründete diese Regelung: "Da ist uns der Strafanspruch nicht so wichtig wie die Verhinderung weiterer Straftaten." Sie beanstandete dagegen eine "Unwucht" in den vorgesehen Strafmaßen bei der Ausbeutung der Arbeitskraft und der Zwangsprostitution. Es sei ein Unterschied, ob man beim Ernteeinsatz ausgebeutet wird oder "zehn Freier am Tag zufriedenstellen muss". Eva Högl (SPD) wies diese Kritik zurück und verwies auf die starke Zunahme des Menschenhandels zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft. Sie begrüßte den Gesetzentwurf auf der ganzen Linie, zeigte sich aber, wie auch andere Redner, zu Gesprächen über weitere Änderungen bereit.