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Wirtschaft : Juristen-Kritik an Netzvergaben

06.06.2016
2023-08-30T12:30:02.7200Z
2 Min

Vertreter mehrerer Anwaltskanzleien haben zum Teil erhebliche Einwände gegen die von der Bundesregierung geplanten Änderungen am Wegenutzungsrecht erhoben. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem von der Regierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung (18/8184) erklärte Professor Dominik Kupfer (Wurster Weiss Kupfer) in der vergangenen Woche, es gebe ein "deutliches Spannungsverhältnis" zum deutschen Verfassungsrecht und zum europäischen Recht.

Die Bundesregierung will mit dem Entwurf das Verfahren zur Vergabe sogenannter Wegenutzungsrechte für Verteilnetze (Gas, Strom) in den Kommunen verbessern und den "Wettbewerb um das Netz" sicherstellen. Die Wegenutzungsrechte zur leitungsgebundenen Energieversorgung (auch "Konzessionen" genannt) müssen in vergabeähnlichen Verfahren alle 20 Jahre neu vergeben werden.

Kupfer erklärte, der örtliche Verteilernetzbetrieb sei eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. Indem der Gesetzentwurf den Gemeinden Gestaltungskompetenzen entziehe, verstoße er gegen die in Artikel 28 des Grundgesetzes geregelte Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Auch die Rechtsauffassung der Regierung, dass die EU-Konzessionsrichtlinie nicht gelte, sei unzutreffend. "Sie haben es mit einer Konzession im Sinne der Richtlinie zu tun", sagte Kupfer in der Anhörung.

Auch für Professor Christian Theobald (Becker Büttner Held) ist nicht nachvollziehbar, dass die Konzessionsrichtlinie in dem Entwurf nicht umgesetzt wird. Entgegen der Auffassung der Regierung sei von der Anwendbarkeit der Richtlinie grundsätzlich auszugehen. Philipp Boos (Boos Hummel & Wegerich) betonte, der deutsche Gesetzgeber gehe über die europarechtlichen Anforderungen an die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen weit hinaus. Der Ausschluss einer sogenannten Inhouse-Vergabe (ohne Ausschreibung) an ein kommunales Unternehmen ("Stadtwerk") erscheine rechtspolitisch problematisch. Auch der Deutsche Städtetag forderte in seiner Stellungnahme, den Kommunen eine rechtssichere Inhouse-Vergabe zu ermöglichen. Anderer Auffassung war Karl-Ludwig Böttcher (Brandenburgischer Städte- und Gemeindebund), der sich in seiner Stellungnahme gegen Inhouse-Vergaben aussprach.