Piwik Webtracking Image

finanzeN II : Blick in die Black Box

Aufsichtsbehörde erfuhr spät von Cum/Ex

27.06.2016
2023-08-30T12:30:04.7200Z
2 Min

Einen Eindruck von der Komplexität des Börsengeschehens haben zwei Mitarbeiter der Abwicklungsgesellschaft Clearstream am Donnerstag im Cum/Ex-Ausschuss gegeben. Sie sagten als Zeugen in öffentlicher Sitzung unter Vorsitz von Hans-Ulrich Krüger (SPD) aus, der vorher angekündigt hatte, die Rolle der Tochter der Deutschen Börse bei den Cum/Ex-Geschäften zu beleuchten. Krüger sprach von Clearstream als einer "Black Box". Es sei erstaunlich, wie 2009 innerhalb kurzer Zeit ein Lösungskonzept "hervorgezaubert" worden sei. Dieses sei im OGAW-IV-Umsetzungsgesetz aufgegriffen worden, mit dem ab 2012 die Neuregulierung des Kapitalsteuerabzugs bei Dividendenzahlungen durchgesetzt worden sei. "Diese interessante Abfolge wollen wir beleuchten", sagte Krüger.

Clearstream-Vorstand Mathias Papenfuß sagte, das Thema Cum/Ex sei ihm erstmals 2002 begegnet, als der Bankenverband eine Lösung vorgeschlagen habe, bei der Clearstream eine zentrale Rolle spielen sollte. Dies sei aber nicht machbar gewesen, da das Unternehmen keine Kenntnis von einzelnen Transaktionen habe. Clearstream sei dann 2007 und 2009 sei dann Cum/Ex "ein bisschen mehr Augenmerk" gewidmet worden. Nach einem Rundschreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) und ersten Presseartikeln habe sich Clearstream "intensiver mit dem Thema beschäftigt" und Ende Oktober 2009 ein Papier an das BMF übermittelt. Ab 2010 habe eine Arbeitsgruppe auf Verbandsebene Fahrt aufgenommen, und deren Vorschläge seien in das OGAW-IV-Gesetz gemündet.

Zuvor hatte Papenfuß' Mitarbeiter Thomas Rockstroh die Arbeitsweise von Clearstream detailliert beschrieben und erläutert, wie er im Auftrag seines Chefs seit 2002 mit größeren Pausen mit dem Thema Cum/Ex befasst war, bis es schließlich unter aktiver Mithilfe von Clearstream zum OGAW IV und damit zu einer komplett neuen Lösung gekommen sei. Damit war nicht mehr die Aktiengesellschaft, sondern die auszahlende Bank zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer verpflichtet.

Jürgen Nording von der Rechtsabteilung der Deutschen WertpapierService Bank (dwpbank) sagte aus, er habe erstmalig aus dem BMF-Schreiben vom Mai 2009 von der Cum/Ex-Thematik erfahren. Ab Juli habe dann ein Arbeitskreis aus Bankenvertretern über eine Neuregulierung des Steuerabzuges beraten. Der Druck sei "so groß geworden, dass was passieren musste", sagte Nording. Daraufhin sei die Idee der Neuregulierung des Kapitalsteuerabzugs bei Dividendenzahlungen entwickelt worden. Aufbauend auf dieser Idee sei dann in einer Arbeitsgruppe, zu der auch Clearstream gehört habe, ein Konzept erarbeitet worden, das dann dem BMF vorgestellt worden sei.

Der vierte Zeuge war Peter Kruschel von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Kruschel, der anschließend in nichtöffentlicher Sitzung Fragen des Ausschusses zu einzelnen Banken beantwortete, gab zu Protokoll, dass die BaFin erst im Herbst 2013 in das Thema Cum/Ex eingestiegen sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die BaFin das Steuerthema nicht im Fokus gehabt.