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Ortstermin: Hinter den Kulissen des Bundestags : Tagesordnung im Reißverschlussverfahren

29.08.2016
2023-08-30T12:30:05.7200Z
2 Min

Die parlamentarische Sommerpause neigt sich dem Ende zu, am 6. September startet der Bundestag wieder in den Sitzungsbetrieb. Los geht es mit der Haushaltswoche. Doch wer entscheidet eigentlich, über welche Themen das Parlament debattiert? Wie kommt die Tagesordnung des Bundestags zustande? Dahinter steckt eine komplexe Choreografie. Bevor der Bundestagspräsident eine Plenarsitzung eröffnen kann, wird hinter den Kulissen über den Ablauf diskutiert. Festzulegen sind Themen, Reihenfolge, Länge der Redezeiten und auch, in welche Ausschüsse Gesetzentwürfe und Anträge zur Beratung überwiesen werden. Das Ziel ist eine Gestaltung der Tagesordnung im Konsens. Das klappt nicht immer, aber meistens. Ein Streit über die Tagesordnung in Form einer Geschäftsordnungsdebatte im Plenum ist die Ausnahme. "Auf die ganze Legislaturperiode hochgerechnet sind es höchstens zehn bis fünfzehn Fälle", heißt es dazu in der Parlamentarischen Geschäftsführung der Grünen- Fraktion.

Fraktionen, die Bundestagsverwaltung sowie der Ältestenrat arbeiten an der Tagesordnung. Der erste Schritt ist ein Meinungsbildungsprozess innerhalb der Fraktionen. Im Austausch mit den Büros der Fraktionsvorsitzenden, den Arbeitsgruppen - und im Fall der Koalitionsfraktionen auch mit der Bundesregierung - erarbeiten die Mitarbeiter der Parlamentarischen Geschäftsführung von CDU/CSU, SPD, Linken und Bündnis 90/Die Grünen eine Rangliste von Themen. SPD und CDU/CSU stimmen sich noch einmal gesondert ab, weil der Koalitionsvertrag das vorsieht. Sind sie sich einig, kann die Zusammenstellung der Tagesordnung beginnen: Die Mitarbeiter der Parlamentarischen Geschäftsführungen beginnen nun, das "Gerüst" der Tagesordnung mit Themen zu füllen.

Dafür gibt es bestimmte Regeln, auf die sich die Fraktionen zu Beginn der laufenden Legislaturperiode geeinigt haben. So bestücken Koalition und Opposition alternierend die Agenda des Parlaments. "Wir befüllen das Gerüst der Tagesordnung im Reißverschlussverfahren", erläutert ein Mitarbeiter der Parlamentarischen Geschäftsführung der Union. Die Kernzeitdebatten am Donnerstag- und Freitagvormittag bilden die Ausnahme.

Dieses Ablaufschema erleichtere das Tagesgeschäft sehr, betont ein Mitarbeiter: "Dass sich die Fraktionen zu Beginn der Legislaturperiode zum Beispiel auf feste Debattenplätze verständigt haben, hat sich sehr bewährt - so müssen wir nicht jede Woche neu diskutieren, welche Fraktion wann in der Kernzeit ihr Thema setzen kann." Gestritten werden sollte - da sind sich die Mitarbeiter aller Fraktionen einig - über politische Inhalte und nicht über Verfahrensfragen. Trotzdem: Kontroversen über die Tagesordnung gehören zum parlamentarischen Alltag. Besonders wenn Veränderungen des bereits beschlossenen Ablaufs anstehen. Das kommt häufig vor. Beispielsweise, wenn eine Fraktion eine "Aktuelle Stunde" beantragt. Auch für die Mitarbeiter der Fraktionen gehören solche Veränderungen zur Normalität. "Sie zeigen, dass der Bundestag auf Aktuelles reagiert", sagt ein Mitarbeiter der Parlamentarischen Geschäftsführung der Grünen-Fraktion. Und sein Kollege von der Union fügt hinzu: "Ich habe es faktisch noch nie erlebt, dass eine Tagesordnung nicht noch einmal umgebaut wurde." Sandra Schmid