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Korruption : Es gibt noch viel zu tun

Die Politik hat im Kampf gegen Bestechung und Bestechlichkeit Fortschritte erzielt

29.08.2016
2023-08-30T12:30:06.7200Z
3 Min

Es war ein Skandal, der ein deutsches Weltunternehmen an den Rand des Abgrunds brachte: Im November 2006 durchsuchten Staatsanwälte die Zentrale des Elektrokonzerns Siemens in München und deckten in der Folge ein weitverzweigtes Korruptionssystem in dem Vorzeigeunternehmen auf.

Dem Konzern drohte nicht nur ein enormer Ansehensverlust und Milliardenstrafen, sondern auch der Verlust öffentlicher Aufträge und wichtiger Auslandsmärkte. Selbst die Zerschlagung oder feindliche Übernahme des taumelnden Elektroriesen schienen möglich. Siemens entschloss sich zur kompromisslosen Aufklärung, tauschte die Unternehmensspitze aus und installierte ein umfassendes Überwachungs- und Compliance-System - und überstand die Krise.

Der Fall Siemens löste "eine Schockwelle in den Vorstandsetagen deutscher Unternehmen aus", konstatiert die Antikorruptionsorganisation Transparency International. In Folge von Siemens ist in den Unternehmen die Bereitschaft gewachsen, sich mit dem Thema Korruptionsprävention auseinanderzusetzen.

Dabei ist Korruption ein vielschichtiges Phänomen: Sie kann nicht nur Wirtschaft und Politik, sondern alle gesellschaftlichen Bereiche erfassen. Sie reicht von Bestechung und Bestechlichkeit im eigenen Land und im internationalen Geschäftsverkehr bis zur Käuflichkeit in der Politik.

Während viele Großunternehmen mittlerweile ausgeklügelte interne Kontrollmechanismen installiert haben hinkt der Mittelstand beim Bewusstseinswandel noch hinterher. Dabei gilt der Mittelstand doch als Rückgrat der deutschen Wirtschaft und ist durch seine Export-Aktivitäten stark im Ausland vertreten - und damit auch anfällig für die Versuchung, im Ausland mit Schmiergeld und Bestechung an Aufträge zu kommen.

Lange hielt sich in der Wirtschaft die Meinung: "In manchen Ländern muss man bestechen, wenn man überhaupt Geschäfte machen will." In vielen Ländern ist Korruption tief in der Geschäftskultur verwurzelt. In Nigeria und Kenia halten 90 Prozent der Manager Korruption bei Geschäften für üblich, in Ägypten sind es sogar 100 Prozent, ergaben Umfragen.

Auch in Deutschland sah man das lange Zeit so: Im Ausland gezahlte Schmiergelder waren sogar von der Steuer absetzbar. Erst 1999 wurde das Verbot der Auslandsbestechung eingeführt, 2002 noch einmal ausgeweitet. So richtig mitbekommen haben dieses Verbot wohl viele Unternehmer erst mit der Korruptionsaffäre bei Siemens. "Ein systematisches und umfassendes Risiko-Management muss endlich Eingang in die gelebte Unternehmenskultur finden", fordert Transparency International.

Aber auch die Politik ist gefragt. Von ihr verlangt die Antikorruptionsorganisation unter anderem, ein Bundezentralregister mit Auftragssperre für korruptionsverdächtige Unternehmen einzuführen. Außerdem müssten Hinweisgeber aus den Unternehmen, die sogenannten Whistleblower, gesetzlich geschützt werden. Bislang müssen sie rechtliche Konsequenzen bis hin zur Entlassung fürchten, wenn sie Missstände in ihrem Unternehmen aufdecken.

Fortschritte Dabei bescheinigt die Organisation der deutschen Politik durchaus, im Kampf gegen die Korruption Fortschritte erzielt zu haben. "Deutschland hat in den letzten zwei Jahren einige Hausaufgaben in Sachen Korruptionsbekämpfung gemacht", lobt die Anti-Korruptionsorganisation. So wurde die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert und die Strafen für die Bestechung von Mandatsträgern wurden verschärft. Als Erfolg werten die Anti-Korruptionskämpfer auch, dass Karenzzeiten für Politiker in hohen Regierungsämtern gesetzlich festgelegt wurden. Minister, parlamentarische Staatssekretäre und selbst die Kanzlerin dürfen seitdem nicht mehr nach Belieben aus dem Amt zu Unternehmen oder Verbänden wechseln, sondern müssen ihre Absicht anzeigen und durch ein Gremium prüfen lassen, das die Bundesregierung berät.

Zudem trat im November 2015 das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption in Kraft. In diesem April beschloss der Bundestag das Gesetz zur Korruption im Gesundheitswesen, mit dem die Bestechung und Bestechlichkeit von Angehörigen der freien Berufe im Gesundheitswesen künftig geahndet werden.

In dem jährlichen Korruptionsranking von Transparency International, das 168 Länder umfasst, konnte sich Deutschland in diesem Jahr denn auch vom 12. auf den 10. Platz verbessern. Unter den 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern der Welt belegt Deutschland gar hinter Kanada den zweiten Platz. Auf den letzten Plätzen liegen dagegen Somalia, Nordkorea und Afghanistan.