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VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN : Wer glaubt noch an den Mann im Mond?

Sie beflügeln die Fantasie der Menschen, dienen aber auch als Mittel der Propaganda

29.08.2016
2023-08-30T12:30:06.7200Z
3 Min

Seine Bücher haben ein Abonnement auf die ersten Plätze der Bestsellerlisten weltweit. Mit seinem in 35 Ländern erschienenen Thriller "The Da Vinci Code" (Deutsch: "Sakrileg") avancierte er zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller aller Zeiten - und dies obwohl seine literarischen Fähigkeiten bei Kritikern alles andere als hoch eingeschätzt werden. Und doch erfreuen die Bücher von Dan Brown ein dreistelliges Millionenpublikum.

Das Erfolgsgeheimnis des amerikanischen Schriftstellers ist einfach. Es lautet: Verschwörungstheorien. Sei es nun die Geheimgesellschaft Prieuré de Sion, die seit Jahrhunderten angeblich das Geheimnis über die leiblichen Nachfahren von Jesus Christus hütet, das vermeintliche Wissen der Freimaurer oder der Kampf der Illuminaten gegen die Katholische Kirche im Kampf um die Weltherrschaft: Brown bedient sich gekonnt an der breiten Palette wilder Theorien über geheime Mächte, die die Geschicke der Menschheit beeinflussen, spinnt diese weiter und präsentiert sie in einer spannungsreichen Handlung.

Ob man Browns Büchern etwas abgewinnen kann oder nicht, der Amerikaner hat das Wesen einer guten Verschwörungstheorie verstanden: Sicher geglaubtes Wissen wird durch eine in sich schlüssige Geschichte komplett auf den Kopf gestellt, garniert mit Halbwahrheiten und Fakten, die Glaubwürdigkeit verleihen.

"Wir leben eben in einer Gesellschaft, in der kein Gesetz verbietet, mit der Verbreitung von Unwissen oder in manchen Fällen Dummheit, Geld zu verdienen." So antwortete der amerikanische Schauspieler und Hauptdarsteller im Film "Apollo 13", Tom Hanks, auf die Frage , was er von den Verschwörungstheorien halte, dass die Mondlandung im Jahr 1969 nie stattgefunden habe. Er bezog sich damit unter anderem auf seinen Landsmann Bill Kaysing, der 1976 mit seinem Buch "We Never Went to the Moon" einige Berühmtheit erreichte.

Antisemitismus Verschwörungstheorien sind jedoch bei weitem nicht nur ein unterhaltsames und lukratives Geschäft, sondern ein gefährliches Mittel der politischen Propaganda. Der Philosoph Karl Popper definierte den Begriff Verschwörungstheorie 1945 in seinem Werk "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" als Versuch, soziale Phänomene und historische Ereignisse durch den Nachweis zu erklären, "dass gewisse Menschen oder Gruppen an dem Eintreten dieses interessiert waren und dass sie konspiriert haben, um es herbeizuführen." In diese Kategorie fallen etwa die sogenannten "Protokolle der Waisen von Zion". Diese erstmals 1903 in Russland erschienene Schrift gibt vor, geheime Dokumente eines Treffens jüdischer Weltverschwörer zu sein. Obwohl die Protokolle bereits 1921 in der Londoner "Times" als Fälschung entlarvt worden waren, wurden und werden sie bis heute von Antisemiten in aller Welt für ihre Ziele missbraucht. Im nationalsozialistischen Deutschland wurden sie immer wieder als Beleg für die These von der jüdischen Weltverschwörung" abgedruckt. Und selbst die palästinensische Terrororganisation Hamas beruft sich in ihrer Gründungscharta von 1988 an mehreren Stellen ausdrücklich auf die Protokolle, um vor den vermeintlichen Gefahren des "Weltjudentums" zu warnen.

Heute stellt das Internet den idealen Geburts- und Verbreitungsort für Verschwörungstheorien aller Art dar. Unzählige ranken sich etwa um die Terrorangriffe vom 11. September 2001, die von der US-Regierung selbst initiiert worden seien, um ihren Krieg gegen das Regime von Iraks Diktator Saddam Hussein zu legitimieren. Solche Theorien klingen für viele Menschen schon deshalb so glaubwürdig, da die Administration von US-Präsident George W. Bush in der Tat keine Hemmungen hatte, ihre "Beweise" über irakische Massenvernichtungswaffen zu manipulieren.

Pearl Harbor Die Verschwörungstheorien um den 11. September knüpften zudem nahtlos an ähnliche Theorien über den japanischen Angriff auf Pearl Habor am 7. Dezember 1941 an. Die amerikanischen Geheimdienste und die Regierung hätten vorab um den Angriff auf die US-Pazifikflotte gewusst und nur deshalb keine Gegenmaßnahmen ergriffen, um in der Bevölkerung, die einen Krieg gegen das expandierende Japan mehrheitlich ablehnte, die nötige Kriegsbegeisterung zu schüren.

Verschwörungstheoretiker können allerdings auch immer wieder auf ähnliche wahre Begebenheiten in der Geschichte verweisen. So ließ Adolf Hilter Ende August 1939 einen Angriff polnischer Soldaten auf den Sender Gleiwitz durch Angehörige der SS fingieren, um den Überfall auf Polen zu legitimieren.