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CuM/Ex-ausschuss : Ein schwer verständlicher Brief

Lücke im Steuergesetz konnte jahrelang ausgenutzt werden

26.09.2016
2023-08-30T12:30:08.7200Z
3 Min

Ein ehemaliger Leiter der Steuerabteilung im Bundesfinanzministerium (BMF) hat den Vorwurf zurückgewiesen, in seiner Verantwortung seien dem Fiskus Schäden in Milliardenhöhe entstanden. Florian Scheurle, von März 2005 bis November 2009 Leiter der Steuerabteilung im BMF und seit 2010 Präsident des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) sowie des Bundesausgleichsamtes (BAA), sagte am Donnerstag im 4. Untersuchungsausschuss (Cum/Ex), ihm sei nicht bekannt, dass durch Fehler in der Steuerabteilung solche Schäden entstanden seien.

Gutachten Den Vorwurf hatte zuvor Grünen-Obmann Gerhard Schick erhoben. Scheurles Abteilung sei für einen "heftigen Milliardenschaden" verantwortlich, sagte er. Laut einem Gutachten des Mannheimer Steuerrechtlers Christoph Spengel soll der dem Staat entstandene Steuerschaden rund zwölf Milliarden Euro betragen.

Schick bezog sich auf das Jahressteuergesetz 2007, mit dem die Cum/Ex-Praxis nur im Inland unterbunden worden war. Über ausländische Banken wurde das betrügerische Geschäftsmodell dafür umso intensiver genutzt. Warum dieser Fehler nicht entdeckt worden sei, wollte Schick wissen. Scheurle sagte, es habe eine Lücke gegeben, und das zuständige Referat habe sich zusammen mit den Ländern darum gekümmert, diese zu schließen.

Das BMF hat sich nach den Worten eines ehemaligen Referatsleiters bei der Aufklärung der Cum/Ex-Geschäfte auch auf den Bankenverband verlassen. Erschwert worden sei dies auch durch eine permanente Personalknappheit, sagte der ehemalige Steuerreferatsleiter im BMF, Michael Gierlich, vor dem Ausschuss.

Gierlich, 69, war von 2001 bis zu seiner Pensionierung Referatsleiter in der Steuerabteilung des Ministeriums. Mit dem Thema der steuerbetrügerischen Cum/Ex-Aktiengeschäfte um den Dividendenstichtag herum sei er erstmals 2002 mit einem Schreiben des Bankenverbandes konfrontiert worden, in dem die Banken das Problem schilderten und einen Vorschlag für dessen Lösung unterbreiteten. Gierlich sagte auf eine Frage des Ausschussvorsitzenden Hans-Ulrich Krüger (SPD), das Schreiben habe damals kaum jemand verstanden, deshalb habe man sich das vom Verband ausführlich erklären lassen. Dieses sei dann später auch den Ländern zugeleitet worden, ohne auf die Urheberschaft des Bankenverbandes zu verweisen. Aus Sicht der CDU-Abgeordneten Sabine Sütterlin-Waack ist das Ministerium damit unnötigerweise der Rechtsauffassung der Banken gefolgt.

Nicht so eilig Weiter erklärte Gierlich, das Thema Cum/Ex sei damals als "nicht ganz so eilig" betrachtet worden, da noch andere wichtige Aufgaben zu erledigen gewesen seien. Man sei davon ausgegangen, dass die Sache bei nächster Gelegenheit repariert werden würde. Dies sei dann das nächste Bereinigungsgesetz, also das Jahressteuergesetz 2007, gewesen. 2009 habe sein Referat dann konkrete Hinweise auf Steuergestaltungen mit Hilfe von Cum/Ex-Geschäften erhalten und sofort den Minister informiert. Daraufhin sei eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einberufen worden und eine Systemumstellung begonnen worden.

Der Ausschuss befragte Gierlich ausführlich zu seinem Mitarbeiter Arnold Ramackers, der auf der vorherigen Ausschusssitzung für Erstaunen gesorgt hatte, weil er sich von 2008 bis 2009 für ein Jahr beurlauben ließ und in dieser Zeit selbständig bis zu seiner Pensionierung für den Bankenverband und gleichzeitig auch für das Ministerium arbeitete. Ramackers sei auf dem Gebiet des Investmentsteuerrechts eine "absolute Spitzenkraft" gewesen, sagte Gierlich.