Piwik Webtracking Image

VW-Ausschuss : Vom Betrug überrascht

Mitarbeiter des Bundesumweltministeriums verneinten Kenntnis über Abschalteinrichtungen

24.10.2016
2023-08-30T12:30:09.7200Z
2 Min

Ulrich Lange (CSU) war perplex. "Das ist zu schön, da fehlen einem die Worte", sagte der Obmann der CDU/CSU-Fraktion am Donnerstag im Untersuchungsausschuss zur Affäre um manipulierte Abgasgrenzwerte. Gerade hatte Professor Uwe Lahl, bis 2009 Abteilungsleiter im Umweltministerium und heute Amtschef im baden-württembergischen Verkehrsministerium, der in Verruf geratenen Dieseltechnologie eine Zukunft prophezeit.

Den Diesel mit Euro-6-Norm und moderner SCR-Abgasnachbehandlung werde es weiter geben, sagte Lahl. Zugleich will die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg alte Diesel aus den Innenstädten verbannen. Am Dienstag beschloss das Landeskabinett einen Vorstoß im Bundesrat für eine Blaue Plakette. Im Bund hatte das Umweltministerium die Pläne im August vorerst aus Eis gelegt.

Seit Anfang September versucht der Ausschuss, die Hintergründe der Abgasaffäre aufzuklären. Nach Motorexperten und Beamten von Bundesbehörden waren nun Mitarbeiter des Umweltministeriums geladen. Staatssekretär Jochen Flasbarth, Lahl, der ehemalige Abteilungsleiter Hubert Steinkemper und Referent Oliver Eberhardt verneinten eine konkrete Kenntnis über illegale Abschalteinrichtungen. Dass die Motorsteuerung erkennen kann, wenn ein Auto im Testlabor steht, war laut Eberhardt aber bekannt. Dies sei technisch mitunter sogar notwendig. Cycle-Beating heißt der Fachbegriff, wenn die Abgasnachbehandlung abgeschaltet wird. Entscheidend ist die Frage, wann dies zulässig ist und wann nicht. Eine EU-Richtlinie verbietet eine "defeat device" genannt Software im Grundsatz, erlaubt sie aber in Ausnahmefällen, etwa zum Motorschutz. Die Hersteller legen dies extensiv aus. "Das ist ein bisschen wie 1.000 legale Steuertricks", sagte die UBA-Abteilungsleiterin "Luft", Marion Wichmann-Fiebig, im Ausschuss.

Die Beamten gaben sich noch heute überrascht über den Betrug von VW. Steinkemper nannte den vom UBA 2008 gemachten Hinweis zum cycle-beating abstrakt. Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass davon Gebrauch gemacht werde. Steinkemper deutete an, dass die Vorsicht bei einem Verdacht auch mit Furcht vor Klagen zu tun hat. Jedenfalls nannte er die US-Umweltbehörde EPA eine "begrüßenswert mächtige Einrichtung". Lahl bezeichnete den UBA-Vermerk als "abenteuerliche Geschichte", die er ohne VW-Affäre noch immer so sehen würde. Es habe 2008 keine Beweise gegeben und auch keine Möglichkeit, einen Nachweis zu führen. "Wäre uns das gelungen, wären wir als Umwelthelden in die Geschichte eingegangen".

Die Umweltbeamten sahen sich als Treiber für strengere Abgasregelungen und zugleich gebremst von Verkehrsressort und Autoindustrie. Deshalb wurde 2008, als das UBA ein Konzept für Tests in Betrieb befindlicher Autos erarbeitete, dieses abgemildert, um das Verkehrsministerium für die gemeinsame Feldüberwachung zu gewinnen.