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Eckhardt Rehberg : »Signal für Fairness«

Der Unions-Haushaltssprecher sieht im Etat 2017 ein Zeichen für Generationengerechtigkeit, weil die Schulden nicht weiter wachsen

28.11.2016
2023-08-30T12:30:10.7200Z
5 Min

Herr Rehberg, der Bundestag hat vergangene Woche den Haushalt 2017 verabschiedet. Danach kann der Bund im kommenden Jahr 329,1 Milliarden Euro ausgeben. Der Haushaltsausschuss hat gegenüber dem Regierungsentwurf nochmal 400 Millionen Euro draufgepackt. Sind Sie mit dem Ergebnis der sechswöchigen Beratungen zufrieden?

Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Die Koalition hat einen hervorragenden Haushalt aufgestellt. Er wird allen nationalen Herausforderungen wie der Verbesserung der inneren Sicherheit und internationalen Aufgaben wie der Bekämpfung der Fluchtursachen gerecht.

Neue Kredite werden im kommenden Jahr nicht aufgenommen. Es sollen aber auch keine Schulden abgebaut werden. Ist das richtig und gerecht?

Wir kommen nun vier Jahre ohne neue Schulden aus. Bis 2020 sind ebenfalls keine neuen Schulden vorgesehen. Die große Koalition hat das Anwachsen des Schuldenberges zu Lasten unserer Kinder gestoppt. Das ist ein starkes Signal der Generationengerechtigkeit. 2014 hat der Bund Altschulden getilgt, und die Möglichkeit zur Schuldentilgung besteht auch im kommenden Jahr.

Für Investitionen sind im nächsten Jahr 36 Milliarden Euro eingeplant. Reicht das mit Blick auf die teilweise marode Infrastruktur?

Die 36 Milliarden Euro sind der höchste Wert in Merkels Regierungszeit. Jedes Verkehrsprojekt des Bundes, für das Baurecht besteht, kann finanziert werden. Noch mehr Geld würde wenig bringen, da die bereitgestellten Mittel teilweise gar nicht vollständig abgerufen werden. Auf allen staatlichen Ebenen stoßen die Planungskapazitäten an ihre Grenzen. Hier muss Deutschland insgesamt besser werden. Bei der Frage nach zusätzlichen Geldern darf man nicht vergessen, dass ein Großteil der öffentlichen Investitionen von Ländern und vor allem den Kommunen getätigt werden.

Ein Schwerpunkt des Bundesetats sind die Kosten zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Wieviel wird dafür bereitgestellt?

Zur Bewältigung der Flüchtlingssituation gibt der Bund im kommenden Jahr insgesamt gut 21 Milliarden Euro aus. Darunter sind Mittel zur Fluchtursachenbekämpfung und fast sieben Milliarden Euro zur Entlastung von Ländern und Kommunen. Gute drei Milliarden Euro stellt der Bund zur Integration bereit und knapp drei Milliarden Euro für Sozialleistungen.

Sehen Sie Probleme, dass das Geld auch da ankommt, wo es gebraucht wird?

Im Großen und Ganzen sehe ich diese Probleme nicht. Ich bin zuversichtlich, dass das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium verantwortungsvoll mit den Geldern Fluchtursachen an der Wurzel bekämpfen. Die Befürchtungen der Kommunen, dass ein Teil der für sie bestimmten Gelder in den Länderhaushalten hängen bleiben, sind allerdings berechtigt.

Wieviel Geld bekommt die Regierung zur Bekämpfung der Fluchtursachen?

Gut sieben Milliarden Euro fließen in die Fluchtursachenbekämpfung. Darunter sind Mittel für die humanitären Krisen in Syrien und den Nachbarländern, für Afghanistan und die internationalen Organisationen wie UNICEF und die Weltgesundheitsorganisation. Außerdem wollen wir mit den Geldern Zukunftsperspektiven für junge Menschen in Afrika eröffnen und so dem Flüchtlingsdruck nach Europa etwas entgegensetzen.

Zweites Thema ist die Innere Sicherheit. Dabei geht es nicht nur um die Bekämpfung des Terrorismus, sondern auch um die steigende Zahl von Wohnungseinbrüchen. Gibt es genügend finanzielle Mittel, um diese Probleme anzugehen?

Die Innere Sicherheit war erneut ein Schwerpunkt in den Haushaltsberatungen. Mit zwei Sicherheitspakten mit zusätzlichen Stellen und Mitteln stärken wir die deutschen Sicherheitsbehörden deutlich. So bekommt allein die Bundespolizei bis 2020 rund 7.000 neue Stellen. Da die Innere Sicherheit ein Kernbereich der Bundesländer ist, fordere ich die Länder auf, ebenfalls ihre Polizei deutlich aufzustocken und gut auszurüsten. Auf Initiative der Union haben wir 2015 ein sehr erfolgreiches KfW-Förderprogramm zum Einbruchsschutz gestartet. Die Mittel dafür haben wir im kommenden Jahr auf 50 Millionen Euro verfünffacht. Ich würde es aber sehr begrüßen, wenn wir uns nicht nur mit der Nachrüstung im Altbau beschäftigen, sondern beim Neubau bereits Sicherheitsanforderungen stellen.

Die Ausgaben für Verteidigung wurden erhöht. Glauben Sie, dass nach der Wahl im Amerika Deutschland in naher Zukunft noch mehr für Verteidigung, zum Beispiel für eine gemeinsame europäische Armee, aufwenden muss?

Unabhängig von der Wahl in Amerika wächst der Verteidigungshaushalt 2017 auf 37 Milliarden Euro. Im Vergleich zu den Planungen im Sommer 2014 erhöhen wir die Verteidigungsausgaben in den nächsten Jahren um insgesamt 20 Milliarden Euro. Die Bundeswehr muss gut ausgerüstet und den vielen Einsätzen gewachsen sein. Eine gemeinsame europäische Armee muss nicht zwangsläufig mit Mehrausgaben verbunden sein. Die nationalen Mittel könnten gemeinsam wahrscheinlich sehr viel effizienter eingesetzt werden.

Der Haushaltsausschuss hat in der Bereinigungssitzung überraschend beschlossen, das Eigenkapital der Deutschen Bahn AG um eine Milliarde Euro zu erhöhen. Wozu soll das Geld gebraucht werden?

Mit der Eigenkapitalspritze und dem Verzicht des Bundes auf seine Dividende wird die finanzielle Kraft der Bahn gestärkt und die Verschuldung begrenzt. Die Bahn wurde bei ihrer Gründung so gut wie schuldenfrei gestellt und hat in den vergangenen Jahren steigende Mittel des Bundes erhalten. Es ist schwer zu akzeptieren, dass die Bahn es nicht geschafft hat, nachhaltig ohne neue Schulden auszukommen.

Ein Blick auf das kommende Jahr: Da wird sich der Haushaltsausschuss mit den Thema Bund-Länder-Finanzen beschäftigen. Umstritten ist dabei vor allem die neue Infrastrukturgesellschaft für die Verwaltung der Bundesfernstraßen. Werden damit die Autobahnen privatisiert?

Eine Privatisierung von Autobahnen wird es nicht geben. Die Autobahnen bleiben im Eigentum des Bundes. Bund und Länder haben vereinbart, dass eine Infrastrukturgesellschaft gegründet und in diese das unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen eingebracht wird. Ich bin momentan sehr skeptisch, ob sich private Investoren mit einer Minderheitsbeteiligung an dieser Gesellschaft beteiligen sollen.

Herr Rehberg, der Posten des haushaltspolitischen Sprechers einer Regierungsfraktion gilt als einflussreich, aber auch als besonders fordernd. Haben Sie Spaß an Ihrer Aufgabe?

Ich habe als Haushälter schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Vier Jahre Bildung und Forschung, seit 2013 Obmann und gut zwei Jahre den Verkehrsetat. Ab Februar 2015 dann haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Bereits in meiner 15-jährigen Abgeordnetenzeit im Landtag Mecklenburg-Vorpommern war Haushalts- und Finanzpolitik eine meiner Kernthemen. Ja, der haushaltspolitische Sprecher kann gemeinsam mit der Arbeitsgruppe und in der Koalition gestalten, das kann man auch einflussreich nennen. Ohne Freude an der Aufgabe geht es nicht. Andererseits bin ich aber auch froh, wenn der Haushalt in der Bereinigungssitzung morgens gegen 3 Uhr nach rund 14 Stunden geschlossen ist.

Das Interview führte Michael Klein.

Eckhardt Rehberg (CDU, 62) sitzt seit 2005 im Bundestag und ist haushaltspolitischer Sprecher der Unions-Fraktion.