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Ideengeschichte : Die Last des Regierens

Wolfgang Fach über Frust und Unlust

19.12.2016
2023-08-30T12:30:12.7200Z
2 Min

Die Wahl von 1780 im Wahlbezirk Bristol im Südwesten Englands wird Edmund Burke (1729-1797) in wenig guter Erinnerung geblieben sein. Gerade einmal 18 Stimmen konnte der in Dublin geborene Staatsmann auf sich vereinen. Sechs Jahre zuvor waren es noch 2.707 Stimmen gewesen, was Burke einen Sitz im House of Commons bescherte.

Eine krachende Niederlage, die, so lassen es die Ausführungen des Politikwissenschaftlers Wolfgang Fach in "Regieren: Die Geschichte eine Zumutung" schließen, auf einem großen Missverständnis zwischen Repräsentant und Repräsentierten beruhte. Burke war der Ansicht, dass er zwar von den Wähler Bristols ins Parlament geschickt worden war, es aber arg kleingeistig gewesen wäre, dort nur deren Interessen zu vertreten und sich ihnen zu beugen, gehe es doch um das große Ganze. Dass er sich für den freien Handel mit Irland - klar gegen die Präferenzen seines Wahlbezirks - und für eine Besserstellung der Katholiken einsetze, sorgte dann für das Ende seiner Karriere in Bristol. Burke saß danach für den Bezirk Malton im Parlament, wo die Wahl nicht von Wählern, sondern vom guten Willen des örtlichen Marquis abhing. Sicher ist sicher.

Die Frage, wie eigentlich Repräsentation in einer Demokratie aussehen könnte, ist nur einer der zahlreichen Aspekte, die Fach in seiner Grundsatzauseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen jenen, die in irgendeiner Form regieren, und jenen, die regiert werden, aufgreift. Das reicht von der Frage, wie "natürlich" eigentlich das Regiertsein ist, hin zu klassischen Debatten über das Dauerthema, wie sehr man dem Wahlvolk eigentlich trauen sollte.

Für die Gegenwart konstatiert Fach in seinem gut lesbaren Werk eine mehrfache Zumutungskaskade: Die Regierenden hätten teils die Lust am Regieren verloren und sich neoliberal aus der Affäre gezogen. Und den Regierten ist offenbar die Komplexität einer relativen Unregiertheit zu viel und sie entscheiden sich, nicht zum ersten Mal, trotzig für die "Verweigerung von Komplexität", deren Verkörperung in den USA im Januar als Präsident vereidigt wird.