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Bundestag : Buntes Parlament

Migrationsgeschichten von Abgeordneten

19.12.2016
2023-08-30T12:30:12.7200Z
2 Min

Im Mai 2014, zur Feier des 65-jährigen Bestehens des Grundgesetzes, hielt der Schriftsteller Navid Kermani eine vielbeachtete Rede vor dem Bundestag. Die Bundesrepublik habe seit ihrem Bestehen und ohne es eigentlich zu merken eine "grandiose Integrationsleistung" vollbracht. "Dass heute ein Kind von Einwanderern an die Verkündung des Grundgesetzes erinnert, das noch dazu einer anderen als der Mehrheitsreligion angehört - es gibt nicht viele Staaten auf der Welt, in denen das möglich wäre", sagte Kermani.

Zwei Jahre später gibt es gute Gründe, sich diese Rede erneut anzuhören - gerade weil die Situation und auch die Debattenkultur in den sogenannten sozialen Netzwerken eine andere ist als damals. Daran zu erinnern, dass kulturelle Vielfalt seit Jahrzehnten zu Deutschland gehört und sie stärker prägt als es Vielen erscheint, ist auch das Ziel des kleinen Sammelbandes "Politik ohne Grenzen. Migrationsgeschichten aus dem Deutschen Bundestag."

Niemals zuvor gab es in einem deutschen Parlament so viele Abgeordnete mit einem Einwanderungshintergrund wie in dieser Legislaturperiode. "Manchen von uns sieht man es an, bei anderen wiederum würde man den Migrationshintergrund überhaupt nicht vermuten. Trotz der Unterschiede eint sie der Glaube an unsere Verfassung und die Demokratie", schreibt Özcan Mutlu, Abgeordneter der Grünen und Herausgeber des Bandes. 21 Abgeordnete quer durch alle Fraktionen beschreiben darin, wie sie eigene Zuwanderungserfahrungen oder die der Eltern und Großeltern persönlich geprägt und wie sich diese auf ihren politischen Werdegang ausgewirkt haben. Deutlich wird auch hier, dass es "den" Migranten ebenso wenig gibt wie "den" Deutschen sondern vielmehr unterschiedlichste biografische Entwürfe.

Wer würde schon vermuten, dass sich hinter dem Namen Niels Annen eine Migrationsgeschichte verbirgt, auch wenn sie "nur" eine belgische ist? Annen selbst schreibt, dass die Herkunft seiner Mutter aus Antwerpen nie zu Diskriminierung geführt hat. Andere Abgeordnete machten andere Erfahrungen. "Wie, ich dachte, da kommt eine Studentin, und jetzt kommt eine Ausländerin", beschreibt etwa Ekin Deligöz eine Episode, als sie sich als Studentin für eine Mietwohnung bewarb.

So unterschiedlich die Biografien, so verschieden ist auch der Stil der Selbst-Porträts. Manche sind persönlicher, andere etwas staatstragender gehalten. So bleibt die Lektüre des Bandes facettenreich und geeignet für alle, die nicht nur "eine" Antwort suchen.