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FAMILIE : Flexiblere Arbeitszeiten für Schwangere

Bundestag novelliert Mutterschutzgesetz erstmals seit 1952 grundlegend

03.04.2017
2023-08-30T12:32:18.7200Z
2 Min

Erstmals seit 1952 wird der Mutterschutz in Deutschland deutlich ausgeweitet und reformiert. Ab 2018 gilt er auch für Schülerinnen und Studentinnen sowie bei arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnissen. Gleichzeitig werden Arbeitsverbote für Schwangere und Mütter gelockert. Der Bundestag verabschiedete am vergangenen Donnerstag die von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorgelegte Gesetzesnovelle (18/8963) in der durch den Familienausschuss geänderten Fassung (18/11782) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen das Votum der Linksfraktion bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen.

Gemäß der Gesetzesnovelle können Schülerinnen und Studentinnen zukünftig während des Mutterschutzes für verpflichtende Lehrveranstaltungen, Prüfungen oder Praktika Ausnahmen beantragen, ohne deswegen Nachteile zu erleiden. Zudem sieht das Gesetz eine Verlängerung der Schutzfristen von acht auf zwölf Wochen für Frauen nach der Geburt eines behinderten Kindes vor. Neu aufgenommen in das Mutterschutzgesetz wird ein viermonatiger Kündigungsschutz bei einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche.

Mit der Novelle wird zudem die Verordnung zum Schutz der Mütter am Arbeitsplatz integriert und reformiert. So werden Arbeitsverbote gegen den Willen von Schwangeren eingeschränkt. Stattdessen sollen ihre Arbeitsplätze umgestaltet werden, um Gesundheitsgefährdungen auszuschließen. Auch Sonntagsarbeit wird auf freiwilliger Basis ermöglicht. Das prinzipiell geltende Nachtarbeitsverbot für schwangere und stillende Frauen zwischen 20 und 6 Uhr kann bis 22 Uhr durch ein behördliches Genehmigungsverfahren aufgehoben werden, wenn die Frau dies ausdrücklich wünscht, nach ärztlichem Zeugnis nichts gegen die Beschäftigung spricht und eine "unverantwortbare Gefährdung" für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.

Vor allem gegen diesen Punkt richtet sich die Kritik der Opposition. Der Begriff "unverantwortbare Gefährdung" sei im Arbeitsschutz unbekannt und eröffne Interpretationsspielräume, hieß es aus den Reihen der Linken und Grünen. In einem verabschiedeten Entschließungsantrag von CDU/CSU und SPD wird die Bundesregierung zwar aufgefordert, darauf hinzuwirken. dass für Arbeitgeber und Vollzugsbehörden Hinweise zur Umsetzung dieser Regelung erarbeitet werden. Die Opposition beruhigte dies jedoch nicht.

Union und SPD argumentierten, mit den neuen Regeln ließen sich die individuellen Wünsche berufstätiger Frauen während des Mutterschutzes besser realisieren. Die Linke hingegen kritisierte sie als Aufweichung des Mutterschutzes. Sie befürchtet, Arbeitgeber könnten Druck auf Frauen ausüben, um deren vermeintliche Zustimmung zu den Ausnahmeregelungen zu erzwingen.